Am Freitag, 28. Juni 2024 wurde die neue Hochdruck-Prüfanlage für Gesteinsproben „TrueTriax“ in der Hochdruck-Halle des GFZ im Beisein von Gästen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft feierlich eingeweiht. Mit der neuen Anlage können thermische, hydraulische, mechanische und chemische Prozesse in bis zu zehn Kilometer Tiefe simuliert werden. Das liefert wichtige Daten für die Geoenergieforschung und -anwendung.
Eindrücke von der Einweihung und der Anlage inkl. Probenpräparation finden Sie in der Bildergalerie oben.
Ob Tiefe Geothermie zur regenerativen Wärmeversorgung, Wärme- und Kältespeicherung oder die geologischen Speicherung von Wasserstoff als zukünftigem Energieträger: Wer den tiefen Untergrund energetisch nutzen möchte, muss die Prozesse und die Wechselwirkungen, die dort bei hohem Druck und hohen Temperaturen zwischen Gestein und Fluiden stattfinden, möglichst genau kennen:
- Wie ist die Durchlässigkeit des Gesteins für bestimmte Flüssigkeiten oder Gase? Wie ändert sich das mit variierendem Druck und Temperatur?
- Unter welchen Belastungen aus welchen Richtungen bricht das Gestein?
- Wie beeinflusst die variierende Temperatur im Untergrund die Brucheigenschaften?
- Welche chemischen Reaktionen finden unter diesen extremen Druck- und Temperaturbedingungen statt?
Antworten auf Fragen wie diese werden künftig mithilfe der neuen reaktiven, petrophysikalischen Hochdruck-Hochtemperatur-Prüfanlage PAX-1600, kurz TrueTriax genannt, ermöglicht. Sie erlaubt einzigartige Experimente unter Bedingungen, wie sie in bis zu zehn Kilometer Tiefe herrschen und daher in der Natur nur sehr schwer experimentell zugänglich sind. Insbesondere können mit der TrueTriax-Anlage höchstspezialisierte Druck- und Durchlässigkeitsversuche an Gesteinsproben durchgeführt werden Dabei werden Druck, Temperatur und Durchströmungsparameter für Gase oder Flüssigkeiten variiert und gemessen. Besonders ist, dass diese Versuche auch mit Flüssigkeiten durchgeführt werden können, die in der Zusammensetzung tiefen Thermalwässern entsprechen. Akustische Sensoren erlauben die seismische Analyse von Bruchprozessen im Gestein.
Für die Präparation der würfelförmigen Gesteinsproben wurde eine hochgenaue Schleifanlage angeschafft.
Die TrueTriax-Anlage wurde über das Land Brandenburg via Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) aus Mitteln des Europäischen Fonds zur Regionalen Förderung (EFRE) finanziert. Zusätzlich zu den 1,6 Millionen Euro der EU hat das GFZ eine Million Euro investiert. Realisiert wurde die Anlage von der Göttinger Firma APS Wille Geotechnik nach Spezifikationen der GFZ-Wissenschaftler:innen.
Prof. Dr. Susanne Buiter, Wissenschaftliche Vorständin des GFZ, sagte zur Eröffnung der Einweihungsfeierlichkeiten:
„Wir danken dem Land Brandenburg für die finanzielle Unterstützung. Mit der TrueTriax-Anlage erschließen sich bisher experimentell unerreichte Dimensionen für die Untersuchung wichtiger Prozesse im tiefen Untergrund. Im Reigen unserer hochkarätigen Infrastruktur ist dies ein zukunftsweisendes Highlight, das uns wichtige neue Erkenntnisse in der Geoenergieforschung bringen wird – einem Forschungsgebiet, das in den letzten Jahren eine besondere gesellschaftliche Relevanz bekommen hat. Das GFZ leistet hier einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit und Energieunabhängigkeit auf Basis heimischer Ressourcen. Für das gestiegene Interesse vonseiten der Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit stehen wir mit unserer Expertise und unabhängiger, faktenbasierter Beratung und Unterstützung zur Verfügung.“
Prof. Dr.-Ing. Ingo Sass, Sektionsleiter Geoenergie am GFZ, sagte:
„Wir freuen uns sehr, dass wir mit der TrueTriax eine einzigartige Anlage realisieren konnten. Damit ist das GFZ in ein weltweit neues Versuchsfeld gerückt. Die Anlage ist unser Auge in den Untergrund: Wir arbeiten mit Annahmen, Modellen, Prognosen – um Aussagen über den Untergrund zu machen. Hierfür sind Messdaten die unerlässliche Basis. Die TrueTriax wird uns einzigartige Daten über die komplexen gekoppelten thermischen, hydraulischen, mechanischen und chemischen Prozesse liefern.
Nicht zuletzt, wenn nach vielversprechenden Reservoirs oder Speicherhorizonten gebohrt wird, ist es wichtig, die Verhältnisse im tiefen Gestein so gut wie möglich zu kennen. Bohrungen erfordern Investitionen in Millionenhöhe, und die Optimierung der Bohrungsplanungen und Prognosen hilft, Geld zu sparen: Sie vergünstigt die Bohrkosten, erhöht die Sicherheit und vermindert das Fündigkeitsrisiko.“
Bestrebungen für ein nationales Triaxial-Hochdruckpressen-Cluster
Im Anschluss an die Einweihung der TrueTriax fand ein Kolloquium statt, das die wissenschaftlichen Potenziale dieser Art Hochdruck-Anlagen auslotete. Weitere Einsatzfelder neben den bereits genannten Themen Tiefe Geothermie, Wärme- und Kältespeicherung sowie Speicherung von Wasserstoff sind beispielsweise die Endlagerung von Radioaktivem Abfall, die Entstehung von Erdbeben oder die Gewinnung kritischer Rohstoffe wie Lithium aus geothermischen Fluiden.
Deutschlandweit gibt es aktuell neun ähnliche Triax-Anlagen an Forschungseinrichtungen, die jedoch komplementäre Spezialisierungen aufweisen. Das GFZ ist bestrebt, diese zu einem nationalen Triaxial-Hochdruckpressen-Cluster (Triaxial Cell Cluster – TriCC) zu vernetzen. So sollen den beteiligten Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen exzellente Forschung im Labormaßstab sowie vielfältige Kooperationen ermöglicht werden.
Ingo Sass: „Wir streben diese Clusterung auch an, um den wissenschaftlichen und technischen Vorsprung, den wir in Deutschland und Europa auf diesem Gebiet haben, insbesondere gegenüber Asien nicht zu verlieren.“
Hintergrund: Geoenergieforschung am GFZ
Am GFZ forscht die zahlenmäßig größte Geoenergie-Forschungsgruppe in Europa. Sie verbindet die für die Komplexität des Themas erforderliche natur- und ingenieurwissenschaftliche Expertise.
Ein Schwerpunkt ist die Geothermie. Hier deckt das GFZ alle relevanten Geothermie-Systeme ab: die hydrothermalen, die petrothermalen und die Speichersysteme für Kälte und Wärme. Und das über die gesamte geothermische Prozesskette – von theoretischen Arbeiten über physikalisch-experimentelle Arbeiten im Technikum bis hin zu operativen Arbeiten im Feldmaßstab.
Ein weiterer Schwerpunkt der Geoenergieforschung liegt in der Speicherung von Gasen und Fluiden im Untergrund, z.B. CO2. Die jahrzehntelange Erfahrung soll nun der Entwicklung eines Wasserstoff-Demonstrationsspeichers zugutekommen.
Im Bereich Geoenergie ist der Wissens- und Technologietransfer besonders wichtig. So gibt es am GFZ einige Startups, die einen Fokus auf GeoEnergie haben, u.a. VFG Lab, fluxTec und auch zu gewissen Teilen FOMON.
Hintergrund: Die TrueTriax-Anlage
Die TrueTriax-Anlage wurde als Ergebnis von rund 15 Jahre langer Forschungs- und Entwicklungsarbeit nach den Spezifikationen der GFZ-Forschenden maßgeschneidert. Hersteller ist die Firma Firma APS Wille Geotechnik.
Mit der TrueTriax können Gesteinswürfel von 80 mm Kantenlänge von allen Seiten durch Laststempel zusammengepresst werden. (s. Bildergalerie)
Die axiale Last die durch die durch jeden der Laststempel aufgebracht werden kann beträgt 1600 kN. Bei einer Probengröße von 80 x 80 x 80 mm³ entspricht dies 250 MPa pro Fläche. Somit lassen sich Gebirgsspannungen von bis zu 10.000 m Tiefe simulieren.
Dabei kann die Probe von allen Seiten durchströmt werden und dies bei einem Porendruck von bis zu 350 bar. Zur Simulation von hydraulischen Stimulationsmaßnahmen können sogar 600 bar erreicht werden. Dies entspricht einer Tiefe von 3.500 - 6.000 m. Da das komplette Durchströmungssystem aus der Legierung Hastelloy besteht, können hier auch hochkorrosive Flüssigkeiten eingesetzt werden.
Mittels eines gekoppelten externen und internen Heizungssystems werden bis zu 200°C in der Kammer und bis zu 150°C an der Probe generiert. Welches den Temperaturen in der Erdkruste in ca. 4500 m Tiefe entspricht.
Während der Deformation kann mittels 24 seismische Sensoren das Bruchverhalten akustisch beobachtet, quantifiziert und lokalisiert werden. Damit können die geomechanischen Gesteinsparameter sowie das Bruchverhalten mit noch besserer Qualität ermittelt werden.
Hintergrund: Probenpräparation
Als Proben dienen Gesteinswürfel von 80 Millimeter Kantenlänge. Die hochpräzise Gesteinsschleifanlage ermöglicht es, die Würfelflächen auf 1/100 Millimeter genau eben zu fertigen. Das ist erforderlich für die Reproduzierbarkeit der Versuchsbedingungen und, um beim Zusammenpressen des Würfels auf der gesamten Fläche eine gleichmäßigen Krafteintrag durch die Backen der Presse sicherzustellen. (s. Bildergalerie)