Geomaterialforschung mit Synchrotronstrahlung
Die Verfügbarkeit von Synchrotronstrahlung eröffnet den Geowissenschaften neue experimentelle Möglichkeiten, da Einschränkungen bezüglich der Nachweisgrenzen und Ortsauflösung überwunden werden können. Wir nutzen die Synchrotronstrahlung über einen weiten Energiebereich - von harter Röntgenstrahlung bis in den Infrarotbereich, hauptsächlich für die Durchführung von in-situ Hochdruckexperimenten. Moderne Synchrotronquellen der dritten Generation (z.B. PETRA III in Hamburg), die Röntgenstrahlung von sehr hoher Brillanz liefern, erlauben das Kompressionsverhalten von Geomaterialien bis Drücken des tiefen Erdinneren zu bestimmen.
Beispiele für in-situ Röntgendiffraktometrie in Kombination mit der Multi-Anvil Presse:
Coesit-Stishovit-Übergang von Wasser- und Al-haltigem SiO2
Die P-T-Bedingungen des Übergangs der SiO2-Polymorphe Coesit (Coe) - Stishovit (Sti) wurden in zahlreichen experimentellen Studien im reinen SiO2-System untersucht (z. B. Ono et al., 2017). Coe und Sti können jedoch durch verschiedene Substitutionsmechanismen erhebliche Mengen an Al und H in ihre Strukturen einbauen. In diesem Projekt untersuchen wir den Einfluss von Al2O3 und H2O auf die Lage des Coe-Sti-Übergangs bei P und T unter Verwendung der Multi-Anvil-Presse am Synchrotron PETRA III, Hamburg, in Kombination mit in situ Röntgenbeugungsmessungen. Als Ausgangsmaterial verwenden wir 100 % Sti, das vor unseren Gleichgewichtsexperimenten in situ bei 9 GPa und 900 °C aus einer Mischung von amorphem SiO2 plus 1 Gew.-% γ-Al2O3 plus 10 Gew.-% H2O (gefüllt in röntgentransparente Titankapseln) gebildet wurde.
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Dr. Christian Lathe
Dr. Bernd Wunder
Prof. Monika Koch-Müller (Gast)
Partner
Dr. Robert Farla, Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY, PETRA III Extension
Einbau von H in nominell wasserfreie Minerale (NAMs)
Die Anwesenheit von Wasser in der Erdkruste und im Erdmantel hat enorme Auswirkungen auf die dort ablaufenden geodynamischen Prozesse, da der eingebaute Wasserstoff die physikalischen Eigenschaften der Minerale, wie z.B. den Schmelzpunkt, das rheologische Verhalten (hydrolytical weakening) und die Transformationskinetik ändert. Außer in wasserhaltigen Mineralen wie Amphibol, Serpentin und Talk kann Wasserstoff auch in nominell wasserfreien Mineralen (NAMs), wie z.B. Coesite, Pyroxen, Granat und Olivin eingebaut werden. Der Wasserstoff in diesen Mineralen ist strukturell als Punktfehler eingebaut. Eine geeignete Methode, Spuren von Wasserstoff in Mineralen nachzuweisen, ist die IR-Spektroskopie.
Transmissionselektronenmikroskopische Analysen von Olivin (Khisina et al., 2001) und Klinopyroxen (Koch-Müller et al., 2004) zeigten, dass die Anwesenheit von wasserhaltigen Einschlüssen die IR-Spektren beeinflussen kann und daher der Wassergehalt der Kristalle überschätzt werden kann. Eine korrekte Interpretation der IR-Spektren setzt also eine mikrostrukturelle Untersuchung der Minerale voraus.
Zur Zeit untersuchen wir den Einbaumechanismus und die Löslichkeit von Wasserstoff in folgende nominell wasserfreie Minerale:
Olivin, Pyroxen, Granat, Kyanit, Coesit, Stishovit.
Wir nutzen die Transmissionselektronenmikroskopie zur mikrostrukturellen Analyse, z.B. zur Prüfung auf die Anwesenheit von Einschlüssen. Zur Analyse des Einbaumechanismus und zur Lokalisierung des Wasserstoffs in den Strukturen nutzen wir konventionelle und Synchrotron-IR-Strahlung bei Raumbedingungen aber auch in-situ als Funktion von Druck oder Temperatur.
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Dr. Bernd Wunder
Prof. Monika Koch-Müller
Partner
Dr. Ulrich Schade, Helmholtz Zentrum Berlin, Institut Methoden der Materialentwicklung
Zerfall von Lawsonit in Granat, Kyanit, Coesit und H2O: Kinetik, Reaktionsmechanismus, P/T-Stabilität
Lawsonit (CaAl2Si2O7(OH)2-H2O) ist ein wichtiges gesteinsbildendes Mineral mit 11,5 Gew.-% H2O in seiner Kristallstruktur. Es kommt in Blauschiefern und Eklogiten vor, weshalb seine Entwässerung eine wichtige Rolle während Subduktionsprozessen spielt. Die wichtigste Entwässerungssreaktion von Lawsonit ist seine Zersetzung zu Granat, Kyanit, Coesit und H2O im Druck-/Temperaturbereichen 4 - 8 GPa/800 - 1000°C. Der Ort der Reaktion im P/T-Raum ist jedoch aufgrund des begrenzten Datenmaterials in diesem Bereich nicht gut eingegrenzt. Ziel dieser Studie ist es daher, diese Wissenslücken durch die Durchführung von HP/HT-Experimenten mit der Multi-Anvil-Presse am Synchrotron PETRA III, Hamburg, in Kombination mit in situ Röntgenbeugungsmessungen zu schließen. Ausgangsmaterial ist sehr reiner natürlicher Lawsonit, der mit Wasser im Überschuss in röntgentransparente Ti-Kapseln gefüllt wird.
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Prof. Monika Koch-Müller
Dr. Christian Lathe
Partner
Dr. Melanie Sieber, Universität Potsdam
Dr. Robert Farla, Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY, PETRA III Extension
Struktur, Kristallchemie und Stabilität von dichten wasserhaltigen Silikaten
Experimentelle Studien zeigen, dass dichte wasserhaltige Silikate unter Erdmantelbedingungen bis zu Tiefen größer als 200 km stabil sind: z.B. Phase A, Phase B, Phase E, „superhydrous phase B (shy B)“, Phase Egg. Wenn sie tatsächlich im Erdmantel vorkommen sollten, könnten sie Wasser bis in große Erdtiefen bringen und ihre Entwässerung in heißeren Zonen des Erdmantels könnte für die oft beobachteten Tiefenbeben verantwortlich sein. Zum tieferen Verständnis des Wasserzyklus der Erde ist es wichtig, mehr über die Stabilitäten und Phasenbeziehungen bei P und T zu lernen (z.B. Entwässerungsreaktionen).
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Dr. Bernd Wunder
Dr. Christian Lathe
Dr. Sergio Speziale
Prof. Monika Koch-Müller
Partner
Prof. Mainak Mookherjee, Florida State University, Tallahassee
Prof. Mark David Welch, The Natural History Museum, London
Dr. Hanns-Peter Liermann, Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY, Hamburg
Schmelzen von Karbonaten
Wir untersuchen das Schmelzverhalten von Karbonaten im System CaCO3-MgCO3 bei 6 und 9 GPa und hohen Temperaturen in einer Multi-Anvil-Presse. Wir benutzen den Rotationsmodus der Presse, um die Phasenbeziehungen während des Schmelzens der Karbonate im Mg-reichen Teil des Systems in der An- und Abwesenheit von H2O zu untersuchen. Frühere Arbeiten berichteten über enorme Schwierigkeiten während des Abschreckens der Experimente, da sie die primär gewachsenen Kristalle nicht mehr von der abgeschreckten Schmelze unterscheiden konnten. Wir äquilibrieren das System bei 6 GPa und T über 6 Stunden durch kontinuierliche Rotationsbewegung der gesamten Presse und lassen so die primären Karbonate in der Schmelze schwimmen und wachsen. Kurz bevor wir die Heizung unterbrechen (T quenchen), stoppen wir die Rotation und können so die Kristalle von der Schmelze trennen, da sie absinken. Im Vergleich zu den Ergebnissen statischer Experimente zeigt das entsprechende Phasendiagramm signifikante Unterschiede.
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Prof. Monika Koch-Müller
Dr. Hans Josef Reichmann
Partner
Dr. Melanie Sieber, Universität Potsdam
Dr. Robert Farla, Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY, Hamburg
Funding
DFG, GFZ
Elastische Anisotropie im Erdmantel
Seismische Beobachtungen weisen auf mögliche Anisotropien in verschiedenen Regionen des oberen und unteren Erdmantels hin. Seismische Anisotropie wird höchstwahrscheinlich durch Vorzugsrichtungen von Mantelmineralen verursacht, welche ihrerseits wiederum durch die Dynamik des Massentransportprozesses bewirkt werden. Das Zusammenspiel von Labordaten und seismischen Beobachtungen sind ein vielversprechender Weg, die Dynamik der tiefen Erde besser zu verstehen.
Die Bildung und Entwicklung von Deformation und Mikrotextur in Mineralen des unteren Erdmantels
Wir erzeugen Mikrostrukturen und kristallographische Vorzugsorientierungen in den binären Systemen Perovskit und Ferroperiklas unter Bedingungen des Unteren Mantels in beheizten Diamantzellen. In-situ Charakterisierung mittels axialer und radialer Synchrotron-Röntgenbeugung in Kombination mit ex-situ Mikrosondenanalyse erlauben es uns, das Druck-Deformationsverhalten eines typischen Gesteinskomplexes des Unteren Mantels sowie die Auswirkungen auf die seismische Anisotropie und die Transporteigenschaften besser zu verstehen.
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Dr. Sergio Speziale
Dr. Hans Josef Reichmann
Partner
Dr. Hanns-Peter Liermann, Deutsches Elektronen-Synchrotron (DESY) Hamburg
Prof. Lowell M. Miyagi, Montana State University