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Fragen und Antworten zum Erdbeben in Kroatien

Fragen und Antworten zum Erdbeben in Kroatien mit Prof. Marco Bohnhoff, Seismologe und Leiter der Sektion Geomechanik und Wissenschaftliches Bohren am GFZ.

Warum hat es in Kroation jetzt so schwer gebebt?

Durch die langsame, aber kontinuierliche Bewegung der großen Erdplatten in der Kollisionszone zwischen Europa und Afrika baut sich im Untergrund Spannung auf. Diese hat sich jetzt entlang einer der daraus entstehenden Störzonen schlagartig entladen. Die ganze Region ist wie eine Knautschzone zwischen den Kontinentalplatten mit einer Reihe von kleineren tektonischen Platten und Bruchzonen. Italien wird nicht nur nordwärts geschoben in Richtung Alpen, sondern drückt auch nach Osten hin zum Balkan. Die Küsten von Italien und Kroatien nähern sich um mehrere Millimeter pro Jahr an und schließen so Stück für Stück das Adriatische Meer. Dieser Druck führt über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg zum Aufbau großer Spannungen im Untergrund. Und dann kommt es im oberen Bereich der Erdkruste zu so genannten Entlastungsbeben.

Was heißt oberer Teil der Erdkruste?

Der obere Teil der Erdkruste, auch seismogener Bereich genannt, deckt in etwa den Tiefenbereich von der Erdoberfläche bis in 15 Kilometer Tiefe ab. Dort verhält sich das Gestein spröde und bricht bei Beanspruchung. In größerer Tiefe verhält sich das Gestein eher duktil – quasi wie Honig – und kann keine großen Mengen an Energie „aufstauen“.

Wie kann man sich so eine Entlastung vorstellen?

Das Gestein im Untergrund kann die aus der Bewegung der Erdplatten resultierende Spannung bis zu einem gewissen Punkt aufnehmen. Ist diese Belastungsgrenze erreicht bricht das Gestein und verschiebt sich entlang der Bruchfläche gegeneinander. In diesem Fall hat es eine horizontale Bewegung, eine sogenannte Blattverschiebung, gegeben. Ein Gesteinsblock hat sich nach Nordwesten bewegt, der andere Richtung Südosten. Je größer die Bruchfläche und der Versatz, desto schwerer sind die von den Erdbebenwellen erzeugten Erschütterungen an der Oberfläche. Umgekehrt kann man aus der räumlichen Verteilung der Schwere der Erschütterung abschätzen, wie groß die Bruchfläche in etwa war. Bei einem Beben der Magnitude 6.4 in elf Kilometer Tiefe, wie wir es mit unserem GEOFON-Netzwerk gemessen haben, gehe ich von einer Bruchfläche aus, die mehr als hundert Quadratkilometer groß ist. Die beiden Gesteinsblöcke haben sich dann innerhalb weniger Sekunden um etwa einen Meter verschoben.

Kann das überall in der Region passieren?

Im Prinzip ja, aber es gibt so genannte Störzonen, an denen sich die tektonische Energie konzentriert und entlang derer es dann bevorzugt zu Beben kommt. Im aktuellen Fall liegt das Epizentrum des Bebens im Bereich der „Petrinja-Störzone“.

Was bedeutet Störzone?

Das ist eine Bruchstelle im Gestein, an der es bereits früher einmal zu einer Verschiebung gekommen ist. An diesen Störzonen bildet sich dann über lange Zeiträume durch wiederholte Erdbeben eine Schwächezone und durch kleingemahlenes Gestein entsteht quasi Schmiermittel, was dazu führt, dass die tektonische Energie bevorzugt entlang dieser Zonen entladen wird.

Jetzt hat es in Griechenland und in Italien ebenfalls gebebt. Besteht da ein Zusammenhang?

Das kann man nicht mit letzter Sicherheit sagen. Einen direkten Zusammenhang in der Art, dass sich ein Bruch von Kroatien bis Italien oder Griechenland erstreckt, kann man ausschließen. Es ist jedoch möglich, dass die Erdbebenwellen an einer bereits kritisch vorgespannten Störzone in größerer Entfernung zur Auslösung eines Bebens beigetragen haben. Das könnte in Italien der Fall gewesen sein, allerdings wäre dann dieses Beben ohnehin in naher Zukunft aufgetreten, die seismische Uhr wäre dann sozusagen leicht vorgestellt worden. Für Griechenland würde ich es in diesem Fall aufgrund der wesentlich größeren Entfernung ausschließen.

Wie hoch ist die Gefahr von weiteren schweren Beben in der jetzt betroffenen Region?

Es hat bereits einen Tag zuvor in der gleichen Region zwei Beben mit Magnituden um 5 gegeben. Ob es sich dabei um Vorläufer des 6.4-Bebens handelt, müssen erst weitergehende Analysen zeigen. Die Tatsache, dass es dort auch bereits im März gebebt hat, und auch die hohe Zahl stärkerer Nachbeben deuten darauf hin, dass die Kruste dort unter hoher Spannung steht. Das macht es wahrscheinlich, dass es dort zu weiteren Nachbeben kommt, die ein Risiko für nun beschädigte Gebäude darstellen. Zudem kann es durch Spannungsumlagerungen im Untergrund auch in naher Zukunft in der Region zu weiteren Beben der Größenordnung um Magnitude 6 kommen.

 

Wissenschaftlicher Kontakt:

Prof. Dr. Marco Bohnhoff
Sektionsleiter Geomechanik und Wissenschaftliches Bohren
Helmholtz-Zentrum Potsdam
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ
Telegrafenberg
14473 Potsdam
Tel.: +49 331 288-1327
E-Mail: marco.bohnhoff@gfz-potsdam.de

 

 

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