Das erdmagnetische Kernfeld
Um das Erdmagnetfeld zu beschreiben ist es nötig, entweder die Stärke und zwei Winkel oder drei rechtwinklige Komponenten zu messen. Die gebräuchlichen Winkel sind Deklination (die Abweichung der lokalen magnetischen Feldlinien von geographisch Nord) und Inklination (der Winkel, unter dem die Magnetfeldlinien die Erdoberfläche schneiden). Als rechtwinklige Komponenten werden die Nord- (X), Ost- (Y) und Vertikalkomponete (Z) für die Anteile in Richtung geographisch Ost, West und vertikal abwärts verwendet.
Gebräuchliche Einheiten zur Beschreibung des Erdmagnetfelds sind microTesla(µT=10-6T) und nanoTesla (nT=10-9T), wobei Tesla eigentlich die Einheit der magnetischen Flussdichte ist. Jedes Ergebnis der Messung des Erdmagnetfelds an irgendeinem Punkt und zu einer beliebigen Zeit enthält die Überlagung von verschieden starken Feldern unterschiedlichen Ursprungs: Kernfeld, Lithosphärenfeld, externe Felder (mit Ursprung außerhalb der Erde) und elektromagnetisch im Erdboden und den Ozeanen induzierte Felder. 1838 entwickelte C.F. Gauss mit der Kugelfunktionsanalyse eine Methode das Erdmagnetfeld global zu beschreiben und eine grobe Trennung von internen und externen Anteilen zu erreichen. Geomagnetische Feldmodelle die auf Kugelfunktionen basieren sind heute noch sehr gebräuchlich, aber wegen der Vielzahl unterschiedlicher Quellen ist eine strikte Trennung der verschiedenen Anteile bis heute nicht möglich. Die folgende Abbildung zeigt eine Karte der Feldstärkeverteilung aus einem solchen Modell des Kernfelds, welches aus Daten der CHAMP und Swarm-Satelliten und von geomagnetischen Observatorien am Erdboden berechnet wurde. Eine interessante Besonderheit des Kernfelds ist die sogenannte Südatlantische Anomalie. Dies ist ein großes Gebiet über Südamerika, dem Südatlantik und dem südlichen Afrika mit ungewöhnlich niedriger Feldintensität (weniger als 20.000nT).
Das Kernfeld weist auch zeitliche Änderungen auf, die als Säkularvariation bezeichnet werden. Aus den Daten der Satelliten CHAMP(2006) und Swarm (2016) sehen wir, dass die Feldstärke in der südatlantischen Region über die letzten 10 Jahre um bis zu 3,5% abgenommen hat. Es ist offensichtlich, dass sich das Magnetfeld nicht überall auf der Erde gleichmäßig ändert. Obwohl die Stärke des Diplofelds insgesamt abnimmt, gibt es einige Regionen, in denen die Feldstärke zunimmt, z.B. über dem Indischen Ozean und Europa.
Die Modellierung der Säkularvariation auf Zeitskalen in der Größenordnung von wenigen Jahrzehnten wird durch alle verfügbaren Satellitendaten wesentlich verbessert. Es ist offensichtlich, dass sich das Magnetfeld nicht überall auf der Erde gleichmäßig ändert. Obwohl die Stärke des Dipolfelds insgesamt abnimmt, gibt es einige Regionen, in denen die Feldstärke zunimmt. In zwei Gegenden wird jedoch eine besonders starke Abnahme beobachtet, im südlichen Atlantik und Mittelamerika. Auch Säkularvariationsmodelle können die Änderung an der Kern-Mantel-Grenze beschreiben, wo diese sich sehr kleinräumig darstellen. Aus den Modelldaten von 2011 und 2021 sehen wir, dass die Feldstärke in der südatlantischen Region über die letzten 10 Jahre um bis zu 3,5% abgenommen hat (siehe folgende Abbildung).
Um die Struktur und Dynamik des Erdkerns zu untersuchen wird die vertikale Feldkomponente verwendet. Unter der Annahme, dass der Erdmantel nicht elektrisch leitfähig ist, können Magnetfeldmodelle zu Beschreibungen des Felds am äußersten Rand des Erdkerns an der Grenze zum Erdmantel heruntergerechnet werden. Dort ist die Feldstruktur wesentlich komplizierter als an der Erdoberfläche (folgende Abbildung). Unter den Polen und dem südlichen Atlantik finden sich Flecken, wo der magnetische Fluß der Hauptdipolrichtung entgegengesetzt ist ("reverse flux patches"). Diese spielen bei der derzeitigen Abnahme der globalen Magnetfeldstärke eine Rolle, insbesondere das wachsende Gebiet umgekehrten magnetischen Flusses unter dem südlichen Atlantik.