Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Unser Forschungsprogramm 2021-2027

Besuch des Nepalesischen Staatspräsidenten am GFZ

Präsident Ram Chandra Paudel und seine Delegation informierten sich über aktuelle und mögliche künftige Kooperationen zwischen Nepal und dem GFZ vor dem Hintergrund zunehmenden Klimawandels.

Am 16.06.2024 hat der Nepalesische Staatspräsident Ram Chandra Paudel im Rahmen seines Staatsbesuchs in Deutschland das Deutsche GeoForschungsZentrum GFZ und die benachbarten Forschungseinrichtungen auf dem Potsdamer Telegrafenberg – das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und das Leibniz-Institut für Astrophysik (AIP) – besucht. In Begleitung seiner Frau wurde er zusammen mit seiner Delegation vom GFZ-Vorstand Prof. Dr. Susanne Buiter und Dr. Stefan Schwartze empfangen, zusammen mit Dr. Ludwig Stroink, Leiter „Projekte und Internationales“ am GFZ, sowie Prof. Dr. Matthias Steinmetz, Wissenschaftlicher Vorstand des AIP.
Impressionen des Besuchs sind in der Fotogalerie zu sehen.

Präsident Paudel informierte sich insbesondere über aktuelle Forschungskooperationen zu den Themen Klimawandel, Umweltschutz und Naturkatastrophen und er diskutierte die Potenziale für künftige Zusammenarbeit auf diesen Gebieten. Das südasiatische Land im Himalaya ist immer wieder von schweren Erdbeben betroffen – zuletzt im November 2023 – und von Flutkatastrophen, die durch zunehmende Gletscherschmelze und starke Regenfälle ausgelöst werden. Das Land leidet zudem unter starker Luftverschmutzung, die sich etwa im Katmandu Tal verfängt, sodass die umgebenden Berge nur selten klar zu sehen sind. 

Staatspräsident Paudel zeigte sich beeindruckt von der vielfältigen Forschung auf dem Telegrafenberg und beteiligte sich rege an der Diskussion:

„Ich danke allen drei Klima-Instituten, dem GFZ, dem PIK und dem RIFS, für ihre beeindruckenden und umfassenden Präsentationen zu relevanten Fragen des Klimawandels. Ich wünsche ihnen allen viel Erfolg für ihren weiteren Weg“, sagte Präsident Paudel.

Die Wissenschaftliche Vorständin des GFZ, Susanne Buiter, dankte Staatspräsident Paudel für seinen Besuch:

„Wir freuen uns über das Interesse von Staatspräsident Paudel und seiner Delegation an dieser wichtigen Forschung. Der Klimawandel und damit auch zunehmende Naturkatastrophen fordern uns alle heraus. Ich bin mir mit Präsident Paudel einig, dass wir auf globaler Ebene gemeinsam an einer nachhaltigen Zukunft arbeiten müssen, um unserer Verantwortung für die Erde und zukünftige Generationen gerecht zu werden. Hier am GFZ arbeiten wir seit vielen Jahren erfolgreich mit Forschungseinrichtungen in Nepal zusammen – insbesondere zu den Themen Erdbeben, Hangrutschungen und Gletscherseeausbrüchen. Wir freuen uns, dass wir zukunftsweisende Ideen diskutieren konnten und positives Feedback erhalten haben.“

„Frühwarnung für alle“: Neues Konzept auf Basis seismischer Messungen

Susanne Buiter präsentierte das Konzept eines Frühwarnsystems für extreme Flutereignisse, wie sie z.B. 2021 in Chamoli im indischen Himalaya durch einen Gletscherseeausbruch verursacht wurden. Hierbei kamen mehr als 200 Menschen ums Leben, ganze Dörfer und ein Staudamm wurden von Wasser- und Geröllfluten weggerissen.

„In den Bergen Nepals erfordert ‚Frühwarnung für alle‘ eine umfassende Überwachung der lokalen Gegebenheiten und ein Bewusstsein dafür, dass einzelne gefährliche Prozesse wie Erdbeben, Erdrutsche und Überschwemmungen oft miteinander verbunden sind. Unser alternativer Ansatz nutzt die hohe zeitliche Auflösung und räumliche Abdeckung von Seismometern für diese sogenannte Multi-Hazard-Frühwarnung“, erläuterte Buiter.

Seismometer können nicht nur Erdbeben registrieren, sondern auch die seismischen Wellen, die von Erdrutschen, Murgängen und Überschwemmungen, einschließlich Gletscherseeausbrüchen (GLOF), erzeugt werden. Mit einem Netzwerk aus einigen hundert Seismometern kann beispielsweise eine Frühwarnung vor GLOF-Passagen von bis zu zehn Minuten erreicht werden – eine Zeitspanne, die ausreicht, um Menschen in Sicherheit zu bringen aber auch technische Anlagen zu präparieren.

Die neuen Ansätze wurden vom GFZ in Kooperation mit dem Institut des Sciences de la Terre (ISTerre) in Grenoble (Frankreich) entwickelt. Nun wollen das GFZ und das Department of Mining and Geology (DMG) des nepalesischen Ministeriums für Industrie, Handel und Versorgung ihre Zusammenarbeit auf diesem Gebiet im Rahmen eines MoU (Memorandum of Understanding) festigen. Es ist derzeit in Vorbereitung.  

RIFS-Forschung zu Luftverschmutzung in Nepal

Dr. Maheswar Rupakheti, Forschungsgruppenleiter am Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam (RIFS), stellte den RIFS-Ansatz der transformativen Nachhaltigkeitsforschung vor. Der aus Nepal stammende Rupakheti präsentierte sein Langzeit-Projekt „SusKat – Sustainable atmosphere for the Kathmandu Valley“. Luftverschmutzung gilt in Südasien als das größtes umweltbedingtes Gesundheitsrisiko mit geschätzt 2 Millionen vorzeitigen Todesfällen pro Jahr. In Nepal ist die Situation besonders gravierend: Das Kathmandu-Tal gehört – aufgrund lokaler, regionaler, aber auch grenzüberschreitender Emissionen – zu den Regionen mit der höchsten Luftverschmutzung weltweit.

„Gemeinsam mit den Interessengruppen müssen transformative Lösungen für die Luftreinhaltung gefunden werden, die auf einer soliden wissenschaftlichen Grundlage und den lokalen oder nationalen Besonderheiten und Prioritäten in Nepal beruhen“, erläuterte Rupaketi. Die Wissenschaft habe bereits die notwendigen Fakten geliefert, nun seien wissenschaftlich fundierte Strategien und Pläne mit Zielen, Zeitplan und Ressourcen erforderlich.

Bauhaus Erde – Nachhaltiges Bauen am PIK

Prof. Dr. Jürgen Kropp, am PIK Leiter der Arbeitsgruppe „Urbane Transformationen“ in der Forschungsabteilung Klimaresilienz, plädierte für einen neuen Blick auf das Thema Nachhaltigkeit: vom Konzept der Planetaren Belastungsgrenzen zu Globalen Gemeinschaftsgütern, im Sinne einer „Planetary Stewardship“.

Konkretes Beispiel war die Überhitzung von Städten, beeinflusst nicht zuletzt durch ihre Gestaltung und die verwendeten Materialien. Ein neuer Ansatz im Rahmen der Initiative Bauhaus Erde ist das Bauen mit biobasierten Materialien, die einerseits – verglichen mit Beton – einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung von CO2 leisten können, andererseits auch hinsichtlich Stabilität bei Erdbeben Vorteile bringen können.

Zum Abschluss: Rundgang über den Campus mit astrophysikalischen Einblicken

Die Gespräche mit der Delegation von Staatspräsident Paudel fanden in der Historischen Bibliothek des Telegrafenbergs statt, in dem 1892 eröffneten Forschungsgebäude der Geodäsie. Die Bibliothek liegt über dem historischen Pendelsaal, in dem mittels hochpräzisen Pendelmessungen einst der zwischen 1909 und 1971 gültige internationale Referenzwert für die Gravitationskonstante ermittelt worden war.

Diese Pendel ermöglichten übrigens auch – quasi per Zufall – im Jahr 1889 die erste teleseismische Aufzeichnung eines Erdbebens. Im Zuge anderer Messungen waren Signale registriert worden, die sich als seismische Signale eines Erdbebens im Pazifik, in der Nähe von Japan herausstellten. Das bewies schon vor 135 Jahren die Mächtigkeit der seismologischen Datenerfassung.  

Im Großen Refraktor des AIP, den Michael Steinmetz präsentierte, hatte das GFZ dann zu einem Mittagsimbiss geladen. Anschließend besichtigte Staatspräsident Paudel den Einsteinturm, während ein Teil der Delegation einen geführten Spaziergang über den Historischen Campus des Wissenschaftsparks Albert Einstein unternahm.
 

Hintergrund: Wissenschaftliche Zusammenarbeit des GFZ mit Nepal                                                    

Das Deutsche GeoForschungsZentrum, ein Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, arbeitet seit vielen Jahren sehr erfolgreich mit Forschungseinrichtungen in Nepal zusammen. Die wichtigsten Partner vor Ort sind das Department of Mining and Geology (DMG) des Ministeriums für Industrie, Handel und Versorgung, das Department of Hydrology and Meteorology (DHM) des Ministeriums für Energie, Wasserressourcen und Bewässerung sowie die Tribhuvan Universität.

Die bilaterale Zusammenarbeit konzentriert sich hauptsächlich auf die folgenden Forschungsbereiche:

  • Überwachung von Hangrutschungen und dynamische Gefahrenabschätzung mittels Fernerkundung
  • Seismische Erkennung von (Gletscher-)Seeausbrüchen und mögliche Frühwarnung
  • Seismische Erkennung von Erdbeben
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