Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Nachruf Svetozar Petrovic

Am 9. Juli 2023 ist unser hochgeschätzter Kollege und Freund Svetozar Petrovic nach langer schwerer Krankheit im Alter von 71 Jahren in Berlin verstorben. Mit ihm hat die Wissenschaft einen scharfsinnigen, kritischen Geist und einen überaus selbstlosen Mentor sowie einen bemerkenswerten Menschen und Gesprächspartner viel zu früh verloren.

Svetozar Petrovic, 1952 in Zagreb geboren, schloss 1976 das Studium der Mathematik an der Universität Zagreb ab. Im Jahr 1982 begann er das Studium der Geodäsie, ebenfalls an der Universität Zagreb, welches er mit Unterstützung von Prof. Helmut Moritz als Promotionsstudent an der TU Graz fortsetzte. Dort wurde er 1991 mit Untersuchungen zur Geometrie des Korrelationskoeffizienten und seiner Anwendung in der Geodäsie zum Doctor technicae promoviert.

Nach einem Forschungsaufenthalt 1991-1992 an der TU Graz bei Prof. Hans Sünkel, kam er schließlich Ende 1992 – als Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung – an das von Prof. Dieter Lelgemann geleitete Fachgebiet Astronomische und Physikalische Geodäsie der TU Berlin. Hier entwickelte er eine geschlossene analytische Darstellung für das Gravitationspotential und seiner Ableitungen mittels Polyedern, die sich trotz ihrer unbestreitbaren Vorzüge leider nur allmählich in der breiten Anwendung durchsetzen.

Von 1994 bis 2000 übernahm er als Oberingenieur die Vorlesungen und die Leitung der Übungen zur Vermessungskunde im Diplomstudiengang Vermessungswesen an der TU Berlin und betreute zudem zahlreiche Seminar- und Diplomarbeiten. Die Vermittlung der geodätischen Grundlagen betrieb er mit ausgeprägtem Verve. Seine unkonventionellen Vorlesungen, in denen er etabliertes Wissen stets kritisch hinterfragte, aber auch humorvoll und zuweilen ironisch kommentierte, prägten viele Studienjahrgänge weit über das Grundstudium hinaus, genauso wie Diplomanden und Doktoranden. Das stete Hinterfragen und das prägnante und anschauliche Darstellen selbst von komplexen Zusammenhängen waren sein unverwechselbarer Stil. So ergab sich in dieser Zeit u.a. eine kritische Betrachtung zum Höhenbegriff in der Geodäsie.

Ein Thema, das Svetozar Petrovic intensiv beschäftigte, waren unvollständige funktionale Modelle und deren Auswirkungen auf die Schätzung von Parametern in der Geodäsie. So verfeinerte er 2003 in seiner Habilitationsschrift die Methode der Maximalen Korrelation und inspirierte wissenschaftliche Arbeiten zur Bestimmung von Periodizitäten in Messzeitreihen oder zur Regularisierung von Ausgleichungsproblemen.

Trotz seines außergewöhnlichen Engagements blieb ihm eine dauerhafte, vollberufliche Perspektive im Hochschulbereich verwehrt, weshalb er Ende 2002 an das Deutsche GeoForschungsZentrum GFZ in Potsdam in die Sektion 1.2 „Globales Geomonitoring und Schwerefeld” wechselte. Dort war er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Januar 2018 in verschiedenen Projekten engagiert.

Er war früh beteiligt an der bahnbrechenden Interpretation der zeitvariablen Schwerefeldmodelle, die bereits aus der Mission CHAMP abgeleitet werden konnten und die heute den Erfolg der GRACE-Missionen ausmachen. Es war nun erstmals möglich, die gravitativen Effekte hydrologischer Massenveränderungen sowohl global wie auch terrestrisch mit Supraleitgravimetern zu messen und Modellen gegenüberzustellen. Svetozar Petrovic hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich Hydrologie und Geodäsie zu verstehen lernten, und kaum jemand hat es so verinnerlicht wie er, ein Konkurrenzdenken, das oftmals ein Hemmnis in der Wissenschaft ist, abzubauen.

Ab 2008 war er in der Fluggravimetrie eingebunden und er hatte erheblichen Anteil am Erfolg der Mission GEOHALO. Mit seinen vielseitigen mathematischen, physikalischen, geodätischen Kenntnissen und seiner Fähigkeit das auch numerisch in der Praxis umzusetzen, hat Svetozar Petrovic entscheidend zum Erfolg beigetragen. Selbst in schwierigen Situationen war es nicht zuletzt sein Optimismus, der die Gruppe motiviert hat. Seine Software zur Auswertung der Fluggravimetrie-Messungen war die Grundlage für deren Weiterentwicklung und die späteren erfolgreichen Schweremessungen auf Schiffs-Missionen mit anderen Partnern.

Der universitären Lehre blieb Svetozar Petrovic stets verbunden. Er ging auch während seiner Zeit am GFZ weiter der Lehrtätigkeit an der TU Berlin nach, wirkte selbst im Ruhestand noch als Privatdozent für die Lehrveranstaltung „Current Methods of Measurement Data Analysis in Geodesy” und betreute Diplom- und Masterarbeiten. Daneben engagierte er sich für Leistungskurse, in denen er Abiturienten das Schwerefeld der Erde verständlich machte.

Letztlich waren es auch die zahllosen Gespräche in Kaffeepausen, die mitunter zu kleinen Ritualen wurden, und in denen er viele Ideen und Anregungen gegeben und deren Atmosphäre er auch genossen hat. Oft wusste er, wo die Tücken und Schwierigkeiten lauern und wie man ihnen begegnen kann.

Trotz seiner hohen Qualifikation und seiner von allen anerkannten Fähigkeiten hat er leider nie eine feste Anstellung erhalten – eine Ungerechtigkeit und vor allem Unsicherheit unter der er sehr gelitten hat. Dennoch war ihm die ehrliche Anerkennung seiner Kollegen und seiner Studenten wichtig und genug.

Mit Svetozar Petrovic haben wir einen außergewöhnlichen Wissenschaftler und Hochschullehrer für immer verloren. Seine kritische Denkweise, sein Pragmatismus und seine besondere Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge auf elementare Anschaulichkeit zu reduzieren, waren für uns alle faszinierend und prägend zugleich. Als Gesprächspartner und Mensch wird uns Svetozar Petrovic fehlen, an der TU Berlin und am GFZ Potsdam. Sein Andenken bleibt uns im kritisch hinterfragenden Denken würdig gewahrt.

F. Neitzel, H. Wziontek, F. Barthelmes, Ch. Förste, F. Flechtner, R. Shako geb. Stubenvoll
 

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