Abgeschlossene Projekte
Computerbasierte Forschung an Geomaterialien
Bei der computergestützten Modellierung von (Geo-)Materialien werden Berechnungen nach den ersten Grundsätzen oder ab initio durchgeführt, d. h. quantenmechanische Berechnungen, die nur auf elementaren physikalischen Naturkonstanten wie der Elektronenladung, den Atommassen usw. beruhen, mit dem Hauptziel, die physikalischen und chemischen Eigenschaften einer Vielzahl von Materialien zu verstehen, die aufgrund ihres grundlegenden Interesses, ihrer Bedeutung für technologische Anwendungen und ihrer Bedeutung für die Erd- und Planetenmodellierung untersucht werden. In den nächsten fünf Jahren (2017-2022) wird das allgemeine Ziel dieser Untersuchungen darin bestehen, unser Wissen in den Bereichen Mineralphysik, Geophysik und Materialwissenschaft zu erweitern. In den Geowissenschaften wird das Verständnis der Erdmaterialien in Bezug auf ihre atomare Anordnung, strukturellen Bindungen, chemischen Zusammensetzungen, magnetischen Zustände, elastischen Koeffizienten usw. Einblicke in die komplexen Wechselwirkungen zwischen unserer Oberflächenumgebung und dem tiefen Planeten liefern. Darüber hinaus wird die gemeinsame Anstrengung der theoretischen/rechnerischen Modellierung mit dem experimentellen Teil zu einer genaueren Darstellung unseres Planeten und anderer Planeten führen. Unsere Forschung wird sich also mit den folgenden Fragen befassen:
- Wie verhält sich die Elastizität verschiedener eisenhaltiger Minerale vom Olivin- und Spinelltyp im Vergleich zu den Vorhersagen der ersten Grundsätze?
- Wie wirkt sich die Unordnung der Kationen auf die physikalischen Eigenschaften von Mineralen aus, die zur Spinell-, Olivin- und Perowskitfamilie gehören?
- Wie verändert sich der elektronische Zustand von Eisen und anderen magnetischen Ionen in verschiedenen Mineralen bei hohem Druck - wie wirken sich diese Veränderungen auf die physikalischen Eigenschaften der Minerale aus?
- Wie verändern sich die thermischen und elektrischen Leitfähigkeiten durch Druck, Temperatur und Zusammensetzung?
Aus der Sicht der Materialwissenschaft ist die Identifizierung präziser Merkmale, die die Funktionalitäten komplexer Materialien für spezifische technologische Anwendungen steuern, Gegenstand intensiver experimenteller, theoretischer und rechnerischer Forschung. Insbesondere im Bereich "Georessourcen" können mit Hilfe von Berechnungen nach den ersten Grundsätzen neue funktionelle Materialien und alternative Energiequellen entwickelt und charakterisiert werden, die langfristig natürliche Ressourcen ersetzen könnten.
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Prof. Dr. Maribel Núñez-Valdez
Mechanismus druckinduzierter Spin-Übergänge in Fe-führenden Mineralen
Fe2+ und Fe3+ sind die häufigsten Übergangsmetallionen (3dN-Ionen) in den Mineralen des Erdmantels. Beide Fe2+ (d6-) und Fe3+ (d5-elektronische Konfiguration) können bei Drücken und Temperaturen des Erdmantels von der "high-spin" Konfiguration in die "low-spin" Konfiguration übergehen. Solche druckinduzierten Spin-Übergänge wurden schon in den 1960er Jahren von W. S. Fyfe vorhergesagt. Dieses Phänomen würde zu beachtlichen Änderungen in wichtigen geophysikalischen Eigenschaften führen, wie z.B. in der Elastizität und Leitfähigkeit aber auch zu einem unterschiedlichen geochemischen Verhalten, z.B. bezüglich der Elementfraktionierung. Daher könnten HS-/LS-Übergänge einen großen Einfluss auf die Struktur und Dynamik der Erde haben.
Die HS-/LS- Übergänge von Eisen in den elektronischen Energieniveaus von Fe2+ und Fe3+ können am besten in optischen Absorptionsspektren beobachtet werden, jedoch werden die Eigenschaften kontrovers diskutiert.
Taran, M. N., Núñez Valdez, M., Efthimiopoulos, I., Müller, J., Reichmann, H.-J., Wilke, M., Koch-Müller, M. (2019): Spectroscopic and ab initio studies of the pressure-induced Fe2+ high-spin-to-low-spin electronic transition in natural triphylite–lithiophilite. - Physics and Chemistry of Minerals, 46, 3, 245-258.
https://doi.org/10.1007/s00269-018-1001-y
Núñez Valdez, M., Efthimiopoulos, I., Taran, M., Müller, J., Bykova, E., McCammon, C., Koch-Müller, M., Wilke, M. (2018): Evidence for a pressure-induced spin transition in olivine-type LiFePO4 triphylite. - Physical Review B, 97, 18, 184405.
https://doi.org/10.1103/PhysRevB.97.184405
Friedrich, A., Winkler, B., Morgenroth, W., Ruiz-Fuertes, J., Koch-Müller, M., Rhede, D., Milman, V. (2014): Pressure-induced spin collapse of octahedrally coordinated Fe3+ in Ca3Fe2[SiO4]3 from experiment and theory. - Physical Review B, 90, 9, 094105.
https://doi.org/10.1103/PhysRevB.90.094105
Müller, J., Speziale, S., Efthimiopoulos, I., Jahn, S., Koch-Müller, M. (2016): Raman spectroscopy of siderite at high pressure: Evidence for a sharp spin transition. - American Mineralogist, 101, 12, 2638-2644.
https://doi.org/10.2138/am-2016-5708
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Prof. Dr. Monika Koch-Müller
Prof. Dr. Maribel Núñez Valdez
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Dr. Alexandra Friedrich, Institut für Anorganische Chemie, Universität Würzburg
Prof. Michail Taran, Institute of Geochemistry, Mineralogy and Ore Formation, Kyiv
Hochdruck-Ramanspektroskopie von Zirkon (ZrSiO4)
Natürliches Zirkon kann Uran sowie Thorium enthalten und ist damit ein wichtiges Werkzeug für die geologische Altersbestimmung. Wir untersuchen die Phasenübergänge von natürlichem Zirkon mittels Ramanstreuung als Funktion des Druckes, um ein besseres Verständnis für das Verhalten von Zirkon in der Erde zu bekommen.
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Dr. Hans Josef Reichmann
Partner
Dr. Alexander Rocholl, GFZ
Chemische Variation von Turmalin bei hohen Drücken
Turmalin wird vielfach als petrogenetischer Indikator verwendet. Die Verwendung der chemischen Variabilität von Turmalin als Geobarometer ist bislang wenig geklärt. In einer Serie von Turmalin-Fluid (Ca,Na,K)-Austauschexperimenten wollen wir testen, ob ein erhöhter K-Einbau, sowie die Substitution von B für Si in Turmalin Indikationen hoher Drücke sind. Signifikante Mengen tetraedrischen Bors haben einen deutlichen Effekt auf die Bor-Isotopen Fraktionierung zwischen Fluid und Turmalin. Dieses wollen wir kalibrieren. Der experimentelle Teil dieser Projekte wird ergänzt durch kristall-chemische und isotopische Analysen von Turmalinen aus Hochdruck-Gesteinen mit gut dokumentierter Druck-Temperatur-Geschichte. Von den Ergebnissen unseren Untersuchungen erwarten wir uns ein besseres Verständnis des B-Kreislaufes in Bereich von Subduktionszonen.
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Dr. Bernd Wunder / Prof. Dr. Wilhelm Heinrich
Partner
Dr. Birgit Plessen, GFZ / Dr. Alexander Rocholl, GFZ / Dr. Robert Trumbull, GFZ / Dr. Eleanor Berryman, Department of Geosciences, Princeton University / Dr. Andreas Ertl, Institut für Mineralogie und Kristallographie, Universität Wien / Prof. Dr. Gerhard Franz, Angewandte Geowissenschaften, Technische Universität Berlin / Dr. Piotr Kowalski, Institute of Energy and Climate Research, Forschungszentrum Jülich / Dr. Martin Kutzschbach, Angewandte Geowissenschaften, Technische Universität Berlin
Publikationen
Kutzschbach, M., Wunder, B., Wannhoff, I., Wilke, F., Couffignal, F., Rocholl, A. (2021): Raman spectroscopic quantification of tetrahedral boron in synthetic aluminum-rich tourmaline. - American Mineralogist, 106, 6, 872-882.
https://doi.org/10.2138/am-2021-7758
Vereshchagin, O. S., Britvin, S. N., Wunder, B., Frank-Kamenetskaya, O. V., Wilke, F., Vlasenko, N. S., Shilovskikh, V. V., Bocharov, V. N., Danilov, D. V. (2021): Ln3+ (Ln3+ = La, Nd, Eu, Yb) incorporation in synthetic tourmaline analogues: Towards tourmaline REE pattern explanation. - Chemical Geology, 584, 120526.
https://doi.org/10.1016/j.chemgeo.2021.120526
Berryman, E. J., Zhang, D., Wunder, B., Duffy, T. S. (2019): Compressibility of synthetic Mg-Al tourmalines to 60 GPa. - American Mineralogist, 104, 7, 1005-1015.
https://doi.org/10.2138/am-2019-6967
Synthese und Charakterisierung neuer Materialien
Kesterite Cu2ZnSnS4
Den Halbleitern aus Chalcogeniden wurde in den letzten Jahren mehr und mehr Aufmerksamkeit geschenkt, da sie ideale Kandidaten für photovoltaische Anwendungen sind. Der vielversprechendste Halbleiter besteht aus der quaternären Verbindung Cu2ZnSnS4, da sie
- eine fast optimale Bandlücke (Eg ~ 1.5 eV) aufweist,
- einen hohen Absorptionskoeffizienten im sichtbaren Bereich (~ 104 cm-1) hat,
- einen Wirkungsgrad von ca. 10% aufweist,
- in der Natur häufig vorkommt und
- in ihren einzelnen Komponenten ungiftig ist.
Dennoch liegt der Wirkungsgrad von dünnen Cu2ZnSnS4-Filmen noch weit entfernt vom theoretischen Limit von ~ 30%. Um die photovoltaische Anwendung dieses Systems zu verbessern, sollten die physikalischen Eigenschaften auch als Funktion des Druckes näher untersucht werden.
In diesem Projekt untersuchen wir, wie das Material auf Druck reagiert. Wir wenden dabei Schwingungsspektroskopie (in-house) und Röntgenbeugung (synchrotron-basierte Experimente) an. Unsere Ergebnisse werden einen wesentlichen Beitrag zu den weltweiten Anstrengungen leisten, geeignete Materialien für Anwendungen im Energiebereich zu finden.
Mg-Fe-N und Ge-Si Mischkristalle
Nitride sowie Ge-Si Mischkristalle sind von herausragender Bedeutung in der Konstruktions-, Energie- und Informationstechnik sowie in der Halbleiterindustrie. In diesem Projekt untersuchen wir die Hochdruck- und Hochtemperaturbedingungen für die Synthese der Magnesium-Eisen-Nitride sowie der Ge-Si Verbindungen. Hierzu werden Experimente mit Vielstempelapparaturen und Diamantstempelzellen an den Synchrotronspeicherringen in Hamburg (PETRA III) und Grenoble, Frankreich (ESRF) durchgeführt.
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Dr. Ilias Efthimiopoulos / Dr. Hans Josef Reichmann
Partner
Prof. Dr. Martin Lerch, TU Berlin / Dr. George Serghiou, School of Engineering, The University of Edinburgh, UK
Vom Granit zum Pegmatit
Das Projekt ist auf wichtige Schritte zur Lösung fundamentaler Fragen hinsichtlich der Pegmatit-bildenden Medien und Prozesse fokussiert. Dazu gehören:
- Konzentration des Wassers in realen Pegmatit-Schmelzen,
- ein kritischer Schritt ist die Abtrennung vom Granit selbst,
- die Entmischung von Schmelze 1 + Schmelze 2 + Fluid,
- die Verteilung der Haupt- und Spuren-Elemente in den unterschiedlichen Phasen
- extreme Anreicherung von Wasser, Alkalien und Bor und die sich daraus ergebenden Konsequenzen,
- die Bedeutung des Sol-Gel Zustandes bei hohen Temperaturen, insbesondere für die Bildung der Quarzkerne.
Wichtiges Werkzeug für diese anspruchsvolle Aufgabe sind die Flüssigkeits- und Schmelzeinschlüsse in den Mineralen zur Entzifferung Mineral-bildender Prozesse in ihrem Temperatur-, Druck- und Konzentrations-Rahmen für vor langer Zeit wirkende Fluida, die aktiv bei der Pegmatitbildung wirksam waren.
So liefern die Schmelz- und Flüssigkeitseinschlüsse die kritischen Beweise für die Zusammensetzung und die Phasen-Beziehungen in der Natur. Unsere Philosophie für weiteren Fortschritt auf diesem Gebiet ist immer die Kombination von Beobachtungen in der Natur, einschließlich der Einschlussforschung mit experimentellen und analytischen Untersuchungen von Basis-Systemen.
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Dr. Rainer Thomas
FOR 2125 - Structures, properties and reactions of carbonates at high pressures and temperatures - CarboPaT
Die Forschergruppe FOR 2125 wurde von 2015 bis 2022 von der DFG gefördert.
Hier einige ausgewählte Publikationen unserer Sektion:
Martirosyan, N., Efthimiopoulos, I., Jahn, S., Lobanov, S., Wirth, R., Reichmann, H.-J., Koch-Müller, M. (2024): High - pressure polymorphs of the ferroan dolomite: possible host structures for carbon in the lower mantle. - American Mineralogist, 109, 4, 701-708.
https://doi.org/10.2138/am-2022-8737
Pennacchioni, L., Martirosyan, N., Pakhomova, A., König, J., Wirth, R., Jahn, S., Koch-Müller, M., Speziale, S. (2023): Crystal structure and high-pressure phase behavior of a CaCO3–SrCO3 solid solution. - Physics and Chemistry of Minerals, 50, 29.
https://doi.org/10.1007/s00269-023-01252-7
Sieber, M. J., Reichmann, H.-J., Farla, R., Koch-Müller, M. (2023 online): Stability Of Magnesite In The Presence Of Hydrous Fluids Up To 12 Gpa: Insights Into Subduction Zone Processes And Carbon Cycling In The Earth’s Mantle. - American Mineralogist.
https://doi.org/10.2138/am-2023-8982
Pennacchioni, L., Speziale, S., Winkler, B. (2023): Elasticity of natural aragonite samples by Brillouin spectroscopy. - Physics and Chemistry of Minerals, 50, 22.
https://doi.org/10.1007/s00269-023-01244-7
Müller, J., Speziale, S., Efthimiopoulos, I., Jahn, S., Koch-Müller, M. (2016): Raman spectroscopy of siderite at high pressure: Evidence for a sharp spin transition. - American Mineralogist, 101, 12, 2638-2644.
https://doi.org/10.2138/am-2016-5708
HRJRG-404 - Helmholtz Russia Joint Research Group
Strukturelle Eigenschaften von Karbonat-Silikat-Schmelzen und ihr Einfluss auf Fraktionierungsprozesse in der tiefen Erde untersucht mittels Synchrotronstrahlung, Spektroskopie und Ionensondenmethoden
Pohlenz J., Pascarelli S., O Mathon O., Belin S., A Shiryaev A., Safonov O., Veligzhanin A., Murzin V., Irifune T., Wilke M. (2016) Structural properties of sodium-rich carbonate-silicate melts: An in-situ high-pressure EXAFS study on Y and Sr. Journal of Physics: Conference Series 712, 012083. doi: 10.1088/1742-6596/712/1/012083
Rosa A.D., Pohlenz J., de Grouchy C., Cochain B., Kono Y., Pasternak S., Mathon O., Irifune T., Wilke M. (2016) In situ characterization of liquid network structures at high pressure and temperature using X-ray absorption spectroscopy coupled with the Paris-Edinburgh press. High Pressure Research. doi: 10.1080/08957959.2016.1199693
Pohlenz, J., Rosa, A., Mathon, O., Pascarelli, S., Belin, S., Landrot, G., Murzin, V., Veligzhanin, A., Shiryaev, A., Irifune, T., Wilke, M. (2018) Structural controls of CO2 on Y, La and Sr incorporation in sodium-rich silicate - carbonate melts by in-situ high P-T EXAFS. Chemical Geology. doi: 10.1016/j.chemgeo.2017.12.023
FOR 741 - Nanoscale processes and geomaterial properties
Die Forschergruppe "Nanoscale processes and geomaterials properties" wurde von 2007 bis 2016 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Österreichischen Wissenschaftfonds (FWF) finanziert. Das Projekt ist abgeschlossen.
Die Forschergruppe beinhaltete verschiedene eng miteinander verbundene Projekte, wie (1) atomare Struktur, Thermodynamik und kinetische Eigenschaften von Korngrenzen, (2) Diffusion in Polykristallen, (3) die Entmischung in Mineralsystemen und (4) fluidgeförderter Mineralaustausch.
Die Sprecher der Forschergruppe, Wilhelm Heinrich (GFZ) und Rainer Abart (Universität Wien) organisierten die "EMU School on Mineral Reaction Kinetics" vom 19.-23. September 2016 in Wien und sind die Editoren der EMU Notes in Mineralogy, Vol. 16, "Mineral reaction kinetics: microstrutures, textures, chemical and isotopic signatures".
Thermodynamische Eigenschaften komplex zusammengesetzter fluider Phasen bei geologisch relevanten P-T Bedingungen
An vielen Prozessen in der Erdkruste und im Erdmantel sind Fluide beteiligt. Die Bildung von Schmelzen, die metasomatische Umwandlung von Gesteinen und mehr oder weniger jeder Materialtransport, aber auch die rheologischen Eigenschaften von Mineralien und Gesteinen werden durch die thermodynamischen Eigenschaften von Fluiden beeinflusst.
Churakov, S. V., Gottschalk, M. (2003): Perturbation theory based equation of state for polar molecular fluids: I. Pure fluids. - Geochimica et Cosmochimica Acta, 67, 13, 2397-2414.
https://doi.org/10.1016/S0016-7037(02)01347-9
Churakov, S. V., Gottschalk, M. (2003): Perturbation theory based equation of state for polar molecular fluids: II. Fluid mixtures. - Geochimica et Cosmochimica Acta, 67, 13, 2415-2425.
https://doi.org/10.1016/S0016-7037(02)01348-0
Kontakt
Prof. Dr. Matthias Gottschalk