Befördert durch die geplante Erhöhung des Solar- und Windenergieanteils am deutschen Energieversorgungssystem und den damit verbundenen saisonal- und witterungsbedingten Schwankungen in der Stromproduktion, gewinnt neben der Kapazitätserweiterung der Stromtransportsysteme sowohl die Umwandlung von regenerativem Überschussstrom in andere Energieformen als auch deren Speicherung an Bedeutung. Beim bisherigen Grundlastsystem auf Basis der Verstromung fossiler Energieträger und kontrollierter Kernspaltung spielte dagegen die Speicherung großer Energiemengen kaum eine Rolle.
Neben der direkten Speicherung von elektrischer Energie (z. B. in Kondensatoren oder Batterien) einerseits und der Umwandlung in mechanische Energie (z. B. in Pump- oder Lageenergiespeichern) oder in thermische Energie (z. B. in Fernwärmespeichern) andererseits, ist auch bei der Umwandlung in chemische Energie (z. B. Wasserstoff oder Methan) ein ausreichend hoher Wirkungsgrad und damit ein wirtschaftlicher wie umweltpolitischer Nutzen zu erwarten.
Zur Realisierung der angestrebten Energiewende in Deutschland wurde von den Bundesministerien für Bildung und Forschung, für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und für Wirtschaft und Technologie gemeinsam die Förderinitiative "Energiespeicher" initiiert. Ein sogenannter „Leuchtturm“ dieser Förderinitiative ist das Vorhaben "Wind-Wasserstoff-Kopplung". Die Hauptziele der in diesem Vorhaben zusammengefassten Projekte sind (a) die Steigerung des Wirkungsgrates bei der Umwandlung von überschüssiger Windenergie in Wasserstoff mittels Elektrolyse von Wasser und (b) die Entwicklung neue Konzepte für eine Wasserstoff-Speicherung im industriellen Maßstab und deren wissenschaftliche Validierung.
Für eine Speicherung der künftig erzeugten Wind-Wasserstoff-Mengen werden derzeit folgende Speicherprozesse und -systeme geprüft und/oder weiterentwickelt:
- eine Speicherung im vorhandenen Erdgasverteil- & Transportnetz (mittelfristig ca. 10 Vol.%)
- eine Speicherung in einer großen Anzahl kleinerer dezentraler Tanks als Kraft- und Brennstoff
- eine Speicherung in großvolumigen unterirdischen Kavernen (z. B. Salzkavernen)
- eine Speicherung in unterirdischen Porenspeichern (z. B. erschöpfte Öl- und Erdgasfelder oder geeignete Aquiferstrukturen)
Im Rahmen des Leuchtturmvorhabens "Wind-Wasserstoff-Kopplung" ist es die Aufgabe des Verbundprojektes H2STORE ("hydrogen to store"), mögliche Einflüsse von Wasserstoff auf die mineralogischen, geochemischen, petrophysikalischen und mikrobiologischen Eigenschaften siliziklastischer Reservoir- und Deckgesteine aus weitgehend ausgeförderten Erdgaslagerstätten ("depleted gas reservoirs") zu untersuchen. Das Verbundprojekt setzt sich aus 6 Teilprojekten mit jeweils unterschiedlichen Forschungsschwerpunkten zusammen, wobei am Deutschen GeoForschungsZentrums (GFZ) folgende Teilprojekte (TP) angesiedelt sind:
TP 4 (Projektleiterin: H. Würdemann) Charakterisierung mikrobiologischer Prozesse im Reservoirgestein – Relevanz für die geologische Wasserstoffspeicherung
TP 5 (Projektleiter: A. Liebscher) Physikochemische Wechselwirkungen zwischen Wasserstoff, Lagerstättenfluiden und Speichergestein und ihre Bedeutung für organische und anorganische Lösungs- und Fällungsprozesse
TP 6 (Projektleiter: M. Kühn) Numerische Simulation geochemischer Reaktionen zwischen Wasserstoff, Formationsfluiden und Mineralbestand
Am Zentrum für Geologische Speicherung (CGS) wird das TP 5 durchgeführt. Die Projektlaufzeit beträgt 3 Jahre (01.08.2012 – 31.07.2015).
Im Rahmen des TP 5 werden unter lagerstättenspezifischen Druck- und Temperaturbedingungen Laborexperimente mit potentiellen Speichergesteinen und Wasserstoff gesättigten Formationsfluiden bzw. Wasserstoffatmosphäre durchgeführt, um den Einfluss von Wasserstoff auf die Gesteinseigenschaften zu ermitteln. Dabei stehen mögliche Lösungs- und Fällungsreaktionen von Mineralphasen und petrophysikalische Veränderungen verschiedener Speichergesteine im Vordergrund. Diese sollen qualitativ und teilweise auch quantitativ bestimmt werden und als Grundlage für numerische Simulationen von komplexen reservoirspezifischen Prozessen dienen. Die Simulationen werden im TP 6 durchgeführt.
Die Laborexperimente erfolgen mit einem speziell für Hydrierungen ausgelegten und zertifizieren Autoklav (Büchi „MidiClave“ Typ 3) bei Drücken bis zu 300 bar und Temperaturen bis 250 °C. Hydriert werden Bohrkerne aus verschiedenen Bohrungen potenzieller Speichergesteine (Ketzin, Wilsum, Altmark, Bad Langensalza, Fahner Höhe, Rockensußra, Ratzel).
Die Untersuchungen haben das Ziel, die bei einer Speicherung von Wasserstoff im industriellen Maßstab in Porenspeichern zu erwartenden Gasverluste durch die Auswahl geeigneter Speichergesteine und p-T-Bedingungen so zu minimieren, dass eine wirtschaftliche Betreibung von Wasserstoffporenspeichern möglich wird. Die jahrzehntelange Speicherung von Stadtgas (mit H2-Gehalten von 40-67 Vol%) in flachen Porenspeichern auf dem Gebiet der damaligen DDR (z. B. in Ketzin) zeigt, dass mit erheblichen Verlusten von Wasserstoff sowohl durch physikalische Prozesse (Diffusion) und chemische Prozesse (Mineralbildung bzw. -lösung) als auch mikrobiologische Vorgänge (Wasserstoff-Metabolismus) zu rechnen ist. Welchen Anteil die einzelnen Prozesse an der Verlustsumme haben, ist bislang noch nicht untersucht und soll im Rahmen von H2STORE ebenfalls geklärt werden.
H2STORE kooperiert mit den Forschungsvorhaben ANGUS, CO2MAN, INFLUINS, HyUnder und HAI.
Unterstützt wird das Verbundprojekt H2STORE durch folgende Industriepartner: RAG/Austria, E-ON Gas Storage, RWE Gasspeicher GmbH, GDF SUEZ E&P DEUTSCHLAND GMBH, VNG, UGS