Geochemie und Kohlenstoffdynamik arktischer Ökosysteme
Unsere Forschungsarbeiten befassen sich mit der Lagerung, der Dynamik und dem Verbleib von organischem Material (OM) in von Algen dominierten Schnee- und Eissystemen. Die Gletscher und Eisschilde der Erde sind Beispiele für Systeme, in denen große Mengen an organischer Substanz gespeichert und von Mikroorganismen, die an die Besiedlung ihrer Oberflächen angepasst sind, aktiv umgewandelt werden. Photoautotrophe Mikroorganismen wie Cyanobakterien und Algen, die auf Schnee- und Eisoberflächen leben, fangen atmosphärisches CO2 ein, wandeln es für ihr Wachstum und ihre Vermehrung in OM um und geben gleichzeitig organische Stoffwechselprodukte an die Umwelt ab. Darüber hinaus erhalten Gletscher und Eisschilde auch OM aus anthropogenen und natürlichen Quellen durch Ablagerung aus der Luft und Verwitterung des Gesteins.
Ein Teil des OM kann zu CO2 und CH4 mineralisiert oder durch heterotrophe Mikroorganismen verändert werden. Photochemische Prozesse verändern auch die Konzentration, Zusammensetzung und Bioverfügbarkeit von OM. Somit verändern biotische und abiotische Prozesse auf dem Gletscher die Art der organischen Spezies und ihren Verbleib und formen die Struktur der mikrobiellen Gemeinschaft. Ein Teil des organischen Materials könnte dem Abbau widerstehen und mit dem Schmelzwasser in angrenzende marine und proglaziale Ökosysteme transportiert werden. Darüber hinaus erhöht gefärbtes OM (z. B. pigmentierte Algen) die Absorption der Sonnenstrahlung, was zu einem schnelleren Schmelzen des Eises und in der Folge zu einem verstärkten Kohlenstoffexport flussabwärts führt. Diese Prozesse verdeutlichen die Fähigkeit von Gletschern und Eisschilden, lokale und potenziell globale Kohlenstoffkreisläufe direkt zu beeinflussen.
Daher ist das Verständnis der Faktoren, die die Verarbeitung und den Verbleib von organischem Kohlenstoff auf Gletscheroberflächen beeinflussen, von entscheidender Bedeutung, um sowohl lokale als auch globale Kohlenstoffflüsse und deren Auswirkungen auf Gletscher und angrenzende Ökosysteme zu quantifizieren, insbesondere in einem sich erwärmenden Klima. Zu diesem Zweck untersuchen wir gelöste und partikuläre organische Stoffe (DOM und POM in Abb. 1) mittels gezielter und ungezielter hochauflösender Massenspektrometrie in Umweltproben und in situ-Experimenten (Abb. 2a und 2b). Die gewonnenen Informationen werden in Kombination mit der Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft und der Albedo der Gletscheroberfläche ausgewertet, wodurch wir unser Wissen über das Zusammenspiel zwischen mikrobiellem Stoffwechsel, Kohlenstoffkreislauf und Oberflächenschmelze verbessern können.