Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Neue Theorie zur Entstehung der Saturn-Strahlungsgürtel

 29. November 2018

Um den Saturn und andere Planeten einschließlich der Erde sind energiereiche geladene Teilchen in Magnetfeldern gefangen, die von den Planeten selbst erzeugt werden. Die Teilchen ordnen sich in Donut-förmigen Zonen an, die als Strahlungsgürtel bezeichnet werden. Ein Beispiel ist der Van-Allen-Gürtel um die Erde, wo sich Elektronen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit bewegen.

Wave-induced loss of ultra-relativistic electrons in the Van Allen radiation belts

1. Oktober 2016

A geomagnetic storm on January 17, 2013, provided unique observations that finally resolved a long-standing scientific problem.

Der perfekte Sonnensturm

28. September 2016

Ein geomagnetischer Sturm am 17. Januar 2013 hat sich als Glücksfall für die Wissenschaft erwiesen. Der Sonnensturm ermöglichte einzigartige Beobachtungen, die helfen, eine lang diskutierte Forschungsfrage zu lösen. Jahrzehnte rätselten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, auf welche Weise hoch energetische Partikel, die auf die Magnetosphäre der Erde treffen, wieder verschwinden. Als aussichtsreiche Erklärung galt ein Prozess, bei dem elektromagnetische Wellen die Teilchen in die Erdatmosphäre ablenkten. Vor zehn Jahren wurde eine weitere Theorie vorgeschlagen, wonach die Partikel in den interplanetaren Raum verschwanden. Jetzt hat Yuri Shprits vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ und der Universität Potsdam gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Instituten weltweit herausgefunden, dass beide Erklärungen gelten – entscheidend für den Verlust an Teilchen ist, wie schnell die Partikel sind. Shprits sagt, dass damit einige grundlegende wissenschaftliche Fragen zu unserer nächsten Umgebung im Weltall gelöst werden. „Das hilft uns auch, Prozesse auf der Sonne, auf anderen Planeten und sogar in fernen Galaxien zu verstehen“, sagt der Forscher. Er fügt hinzu: „Die Studie wird uns überdies helfen, das ‚Weltraumwetter‘ besser vorherzusagen und damit wertvolle Satelliten zu schützen.“ Die Arbeit erschien am Mittwoch, 28. September, in Nature Communications.

Strahlungsgürtelmodellierung

Die Strahlungsgürtel der Erde bestehen aus hochenergetischen Protonen und Elektronen, die durch das Magnetfeld der Erde im Bereich von 1,2 bis 8 Re (Erdradien) vom Erdmittelpunkt entfernt eingefangen werden. Hochenergetische Protonen verteilen sich hauptsächlich im inneren Strahlungsgürtel, der sich typischerweise zwischen 1,2 und 2,5 Re vom Erdmittelpunkt entfernt befindet. Der innere Strahlungsgürtel ist relativ stabil, während der äußere Strahlungsgürtel hochdynamisch ist und eine dramatische Variabilität über Zeitskalen von Minuten bis Stunden aufweist. Der innere und der äußere Gürtel sind durch eine Lücke bei etwa 2 bis 3 Re getrennt, in der die energetischen Teilchenflüsse normalerweise gering sind. Hochenergetische Elektronen in den Strahlungsgürteln der Erde stellen eine Gefahr für die Satellitentechnik dar.

Um die dynamische Entwicklung des äußeren Strahlungsgürtels zu verstehen, entwickeln wir physikbasierte 3D- und 4D-Algorithmen für den "Versatile Electron Radiation Belt" (VERB). Wichtige Mechanismen, die die dynamische Entwicklung von Strahlungsgürteln steuern, sind radiale Diffusion, lokale Beschleunigung, lokaler Verlust, Abschattung der Magnetopause und elektrische Konvektion. Es gibt verschiedene Plasmawellen in der inneren Magnetosphäre, wie Whistler-Mode-Chorus-Wellen, Zisch-Wellen, elektromagnetische Ionen-Zyklotron (EMIC)-Wellen und ULF-Wellen. Welle-Teilchen-Wechselwirkungen spielen eine wichtige Rolle bei den Prozessen der radialen Diffusion, der lokalen Beschleunigung und der lokalen Verluste. Um die Welle-Teilchen-Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Wellentypen und energetischen Elektronen zu quantifizieren, werden mit unserem Full Diffusion Code (FDC) bounce-gemittelte Diffusionskoeffizienten berechnet. Anschließend können diese Diffusionskoeffizienten im VERB-Code verwendet werden, um die Fokker-Planck-Gleichung zu lösen, die in der Lage ist, die 1D-, 2D-, 3D- und 4D-Entwicklung der Phasenraumdichte (PSD) von energetischen Elektronen zu berechnen, wie in der Abbildung unten gezeigt.

Das obere Bild zeigt den Vergleich der durch die VERB-Code-Simulationen modellierten Elektronen-PSD mit einer Multisatelliten-PSD-Reanalyse bei µ=700MeV/G und K=0,11G0,5RE [Shprits et al., 2011]. Von oben nach unten: (a) Kp-Index; (b) Multisatelliten-PSD-Reanalyse, gestrichelte rote und grüne Linien zeigen die Anfänge der Haupt- und Erholungsphase von Stürmen an; (c) verwendete Flussvariation an der äußeren radialen Grenze des Codes, erhalten aus der CRERES-Messung; (d) das reine Radialdiffusionsmodell mit Verlusten parametrisiert als 5/Kp-Tage außerhalb der Plasmasphäre und 5 Tage innerhalb der Plasmasphäre; (e) Radial- und Neigungswinkel-Diffusionsmodell; (f) 3-D Radial-, Energie- und Neigungswinkel-Diffusion; (g) 3-D-Simulation mit gemischten Termen. Die weißen Kurven zeigen die berechnete Lage der Plasmapause Lpp. [Subbotin et al., 2011].

Zugehörige Produkte

IMPTAM-VERB: Vorhersage des Strahlungsgürtels

Echtzeit-Vorhersage des Strahlungsgürtels nach dem IMPTAM-VERB coupled model

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