Langzeitvariationen des Erdmagnetfelds
Wir beschäftigen uns mit der Säkularvariation des magnetischen Kernfelds auf Zeitskalen von Jahrzehnten bis Jahrtausenden. Untersuchungen dieser langfristigen Entwicklung des Erdmagnetfelds der Vergangenheit dienen dazu, Rückschlüsse auf die Dynamik des äußeren Erdkerns und die das Magnetfeld erzeugenden Geodynamoprozesse zu ziehen. Sie ermöglichen außerdem Abschätzungen der langfristigen Änderungen der magnetischen Abschirmung gegen Sonnenwind und kosmische Strahlung. Die Kenntnis der vergangenen Variationen und ein besseres Verständnis der zugrunde liegenden Prozesse tief im Erdinnern sind nötig, um die zukünftige Entwicklung des Erdmagnetfelds abschätzen zu können. Daneben finden unsere Ergebnisse auch Anwendung zur geomagnetischen Datierung von archäologischem Material und Lavaströmen oder auch Sedimentbohrkernen, die z. B. für Umwelt- oder Klimastudien verwendet werden. Insbesondere rekonstuiren wir auch die extremen Änderungen des Erdmagnetfelds während Polumkehrungen oder magnetischer Exkursionen weltweit, um deren Mechanismus zu verstehen.
Zwei Kategorien von Daten bilden die wichtigen Grundlagen unserer Arbeit: direkte Beobachtungsdaten und im Labor gemessene paläomagnetische Daten.
Direkte Beobachtungsdaten
Geomagnetische Observatorien liefern seit bald 200 Jahren kontinuierliche Beobachtungen von Stärke und Richtung des Erdmagnetfelds. Internationale Programme wie INTERMAGNET und Weltdatenzentren ermöglichen den Zugriff auf weltweite Messdaten magnetischer Observatorien. Auch historische Beobachtungen des Erdmagnetfelds, die es seit etwa 500 Jahren gibt, nutzen wir.
Paläomagnetischen Daten
Für die Zeit bevor es direkte Magnetfeldmessdaten gibt können Informationen über Stärke und Richtungen des Magnetfelds an Lavaströmen, archäologischen Fundstücken und Sedimentbohrkernen in Labormessungen bestimmt werden. Zusammen mit geeigneter Datierung des Materials läßt sich daran die Entwicklung des Erdmagnetfelds der letzen Jahrtausende und länger untersuchen. Wir arbeiten mit dem paläomagnetischen Labor der Sektion 5.2 zusammen und unterhalten in einer multinationalen Kooperation eine Datenbank (GEOMAGIA) mit archäo- und paläomagnetischen Daten der letzten 50.000 Jahre. Aus den Messdaten erstellen wir globale Magnetfeldmodelle der letzten Jahrtausende, anhand derer sich die Änderungen des Felds an jedem Ort der Erde veranschaulichen lassen. Wir verwenden ähnlichen mathematische Methoden. Wir verwenden ähnliche mathematische Methoden wie für die aktuelle Modellierung des Kernfelds. Aufgrund der niedrigeren Genauigkeit der Daten, der schlechteren globalen Verteilung und Unsicherheiten in der Datierung zeigen diese Modelle eine deutlich geringere zeitliche und räumliche Auflösung, geben aber großräumige Änderungen und generelle zeitliche Trends wieder. Unter der Annahme, dass man die schwache elektrische Leitfähigkeit des Erdmantels vernachlässigen stellen diese Modelle auch die Feldverteilung und Änderungen an der Kern-Mantel-Grenze dar bieten damit Informationen über die Dynamik des Erdkerns und den Geodynamoprozess.
Modelle des erdmagnetischen Feldes
- CALSxk - eine Serie von Kernfeldmodellen, die Zeiträume von 3, 7 und 10 Tausend Jahre umfassen.
- LSMOD - Modelle für den Zeitraum vor 50 - 30 Tausend Jahren, die die Laschamp und Mono Lake Feldexkursionen enthalten.
Wir arbeiten derzeit an folgenden Projekten
- Trennung geomagnetischer Säkularvariation und magnetosphärischer Variation auf Zeitskalen von Jahrzehnten
- Lanfristige geomagnetische Feldänderungen aus paläomagnetischen Daten und kosmogenen Nukliden
- Modellierung von geomagnetischen Polaritätexkursionen
- Korrelationsbasierte Bayesische Modellierung des Magnetfelds im Holozän