Beobachtung von Naturgefahren mit geodätischen Verfahren
Leiter: Dr. Tilo Schöne
Das Fehlen von hochgenauen und schnell verfügbaren geodätischen Beobachtungen hat die rechtzeitige Warnung und die Bewältigung der Folgen des Tsunami 2004 in Indonesien und der schweren Erdbeben in Haiti oder Chile erschwert und verzögert. Ein Schwerpunkt der Forschungsarbeiten der Sektion 1.2 liegt im Bereich der Meeresspiegel- und GNSS-Beobachtungen zur Erfassung langfristiger und schneller Änderungen im System Erde.
Die Sektion 1.2 betreibt ein Netzwerk von GNSS-kontrollierten Pegelstationen. Dieses Netz trägt in vielfältiger Form zu den existierenden Tsunami-Frühwarnsystemen bei, wird aber auch für die Untersuchung von langfristigen Meeresspiegeländerungen und der Überwachung von Satellitenmissionen genutzt. Die Systeme enthalten neben bis zu drei Pegelsonden auch meteorologische Sensoren und einen hochgenauen GNSS-Empfänger. Durch diese Kombination lassen sich geozentrische Meeresspiegeländerungen ableiten, die für die Erfassung des globalen Meeresspiegels unerlässlich sind. Mit diesen Pegelsystemen tragen wir u.a. zum internationalen TIGA-Projekt des IGS bei. Bei der Einbindung solcher Pegel in Frühwarnsysteme lässt sich durch das verbundenen GNSS eine Höhenkontrolle im Erdbebenfall durchführen.
Aufbauend auf früheren Entwicklungen von GNSS-gestützten Bojen für die Kalibration von Radaraltimetermissionen, wurden Hochseebojen für Tsunamifrühwarnsysteme und Flussbojen für Flutüberwachungen entwickelt. Mit der heutigen Auswertetechnologie im GNSS-Bereich können die Bojen Wasserspiegeländerungen im Zentimeterbereich über Distanzen von bis zu 80sm bestimmen. Unsere Hochseebojen wurden erfolgreich im indonesischen Tsunami-Frühwarnsystem eingesetzt.
Eine weitere Komponente der geodätischen Beobachtungstechniken im Bereich Naturgefahren ist die Ableitung von Bodenbewegungen und schnellen, erdbebeninduzierten Verschiebungen der Erdoberfläche mit GNSS-Stationen. Das in der Sektion 1.2 entwickelte „Ground Tracking System“ ist Teil des indonesischen TsunamiFrühwarnsystems. Ausgehend von Echzeit-GNSS-Datenströmen oder solchen mit kurzer Latenzzeit, werden die individuellen Stationskoordinaten hochpräzise in Lage und Höhe abgeleitet und hinsichtlich möglicher Verschiebungen analysiert. Die Informationen zu möglichen koseismischen Verschiebungen liefern wichtige Informationen zur schnellen Beurteilung des Herdmechanismus eines Erdbebens und zur Bewertung seines tsunamigenen Potentials.
Ein weiteres unserer Forschungsgebiete ist der Aufbau und Betrieb eines hydro-meteorologischen Netzwerkes in Zentralasien und der Betrieb von Observatorien im Rahmen des GFZ Global Change Observatory Zentralasien. Aufbauend auf unserer Expertise in der Entwicklung von „Remotely Operated Multi-Parameter Stations (ROMPS)” leistet das Netzwerk einen Beitrag zum internationalen Datenaustausch, der Erfassung von meteorologischen und hydrometerologischen Parametern und der Ableitung von geodynamischen Parametern. Darüber hinaus werden die Daten und Ergebnisse von uns zur Validierung von Satellitenbeobachtungen, z.B. des CryoSat-2 oder von GRACE, herangezogen.
Seit vielen Jahren steht die Erfassung von Änderungen des globalen und regionalen Meeresspiegels im Zentrum unserer Forschung. Der Mittelwert des globalen Anstiegs (in der geographischen Breite von ±66°) liegt bei ca. 3mm/Jahr, kann aber regional deutlich kleinere oder größere Werte annehmen. Dazu kommt, dass einige Regionen starken lokalen Änderungen der Erdoberfläche, z.B. durch Grundwasserentnahme oder Erdgasförderung, unterworfen sind, die dann lokal ein Vielfaches an „relativen“ Meeresspiegeländerungen hervorrufen. Um die globalen Änderungen zu erfassen werten wir die Messungen von verschiedenen abgeschlossenen und neuen Satellitenradaraltimetermissionen aus, verbessern und harmonisieren diese Daten und untersuchen Phänomene des globalen und regionalen Meeressspiegels und seiner Variabilität. Unser Ziel ist es, die mit der Altimetrie beobachteten geometrischen Änderungen des Meeresspiegels mit Beobachtungen der Masseänderung des Ozeans, abgeleitet aus GRACE-Schwerefeldern, und den gemessenen sterischen Änderungen des Ozeans widerspruchsfrei zu verbinden.
In einem Beobachtungsprogramm zu Gefahren von lokalen Meeressspiegeländerungen betreiben wir zwei GNSS-kontrollierte Pegel in Indonesien (Semarang, Jakarta). Teile von Semarang sinken mit bis zu 10cm/Jahr, Teile von Jakarta mit immerhin noch 5cm/Jahr durch Grundwasserentnahme und Kompaktion des Untergrundes. Diese Arbeiten sind in das GGOS Thema 3 eingebunden.
Die Schwerpunkte der Projekte liegen
- Variabilität des Meeresspiegels im Nordatlantik (REKLIM)
- Automatisiertes Nahe-Echtzeitprozessierung von GNSS-Daten für das indonesische Frühwarnsystem
- Betrieb und Analyse von GNSS-kontrollierten Pegeln und die GNSS-Analyse im Rahmen von TIGA
- Aufbau und Betrieb des hydrometeorologischen Netzwerkes in Zentralasien
Unsere geodätische Monitoring-Infrastruktur trägt zu Aktivitäten der IAG und GGOS bei und bildet unsere Grundlage zur Ableitung von langfristigen, kurzfristigen und schnellen Änderungen von verschiedenen Erdsystemparametern.
Im Folgenden können Sie sich zu einzelnen Themen näher informieren:
Anstieg des globalen Meeresspiegels: Erwärmung oder Schmelzen der polaren Eisschilde?
Änderungendes Meeresspiegels beeinflussen zum einen direkt die Menschen und Infrastruktur an den Küsten, zu anderen weisen sie auf Klimaänderungen hin. Unser Ziel ist es, die räumlichen und zeitlichen Skalen der Variabilität des Meeresspiegels zu bestimmen. Zusätzlich untersuchen wir die Mechanismen, die den beobachteten Meeresspiegeländerungen zugrunde liegen. Die wichtigsten Faktoren für Änderungen des globalen Meeresspiegels sind Änderungen im Wärmehaushalt des globalen Ozeans sowie Massenverlagerungen, wobei diese sowohl intern durch Ozeandynamik als auch durch Im- oder Export von Wasser in den Ozean ausgelöst werden können.
Der Meeresspiegel wird seit der Mitte der 80'er Jahre global von Satellitenaltimetern überwacht. Aufgrund des technischen Fortschritts, kontinuierlicher Korrekturen der vorhandenen Meßdaten sowie Vereinheitlichung der Daten unterschiedlicher Missionen können der Meerespiegel und seine langfristigen Veränderungen seitdem immer genauer bestimmt werden. Änderungen der Ozeandichte und Masse können hingegen erst seit gut 10 Jahren flächendeckend erfaßt werden. Seit 2002 werden Änderungen der ozeanischen Massenverteilung auf Zeitskalen von Monaten mit Hilfe der GRACE Satelliten erfasst. Die Dichte des Wassers wird aus vertikalen Temperatur- und Salzgehaltsprofilen abgeleitet, die von den ARGO-Driftern in-situ gemessen werden.
Wir untersuchen die monatliche Variabilität des Meeresspiegels sowie seiner Dichte- und Massenkomponenten beginnend im Herbst 2002. Dabei werden folgende Datensätze analysiert: Jason-1 und Jason-2 Altimetrie (ADS System), äquivalente Wasserstände abgeleitet aus GRACE-Messungen (GFZ-RL05a, CSR-RL05) und gegitterte Argo Daten des britschen Met Office Hadley Centre for Climate Change. Dabei werden zum einen die Konsistenz der verschiedenen Meßmethoden auf globalen Skalen untersucht und zum anderen Massenänderungen auf Beckenskalen im Nordatlantik eingehender untersucht.
Mittlerer globaler Meeresspiegel (Gesamt, Dichte und Masse)
Mittlerer Massenkomponente des globalen Ozeans
Seit Mitte der achziger Jahre wurden elf satellitengestützte Radaraltimeter in ihre Umlaufbahnen gebracht. Die meisten dieser Missionen nutzen unterschiedliche Datenformate und Prozessierungsstandards. Zudem wurden über die Jahre die Korrekturmodelle für die gemessenen Entfernungen ständig weiterentwickelt. Für einige Untersuchungen, die mit den Daten einer einzelnen Mission auskommen, können diese neuen Entwicklungen vernachlässigt werden – obwohl dies mit Einbußen in der Genauigkeit verbunden ist. Will man jedoch Daten verschiedener Missionen z.B. für geodätische oder klimarelevante Untersuchungen vergleichen oder kombinieren, müssen die Datensätze vereinheitlicht werden. Zusätzlich ist es für einige Anwendungen (z.B. in Küstennähe) sinnvoll, Korrekturmodelle zu verwenden, die für die jeweilige Studie optimiert sind.
Um die Altimetriedaten unterschiedlicher Missionen zu integrieren, zu vereinheitlichen, aufzudatieren und zu prozessieren wurde am GFZ das Altimeter Database and Processing System (ADS) entwickelt. Zur Zeit umfaßt es Höhen, Wind und Wellenhöhen der folgenden Missionen für die angegebenen Zeiträume:
Geos-3 04/1975 bis 11/1978
Geosat 03 03/1985 bis 10/1989
ERS-1 08/1991 bis 06/1996
Topex/Poseidon 09/1992 bis 10/2005
ERS-2 05/1995 bis 06/2011 (nur Nordatlantik seit 05/2003)
GFO-1 01/2000 bis 09/2008
Jason-1 01/2002 bis 06/2013
Envisat 10/2002 bis 04/2012
ICESat 02/2003 bis 10/2009
Jason-2 ab 07/2008
Cyrosat-2 ab 07/2010
HY-2A ab 10/2011
Saral/Altika ab 03/2013
Der Großteil der vorhandenen Daten ist über den Ozeanen, es stehen aber auch Daen über Inlandgewässern zur Verfügung.
Neben den eigentlichen Altimeterdaten enthält ADS Central auch aktuelle Korrekturmodelle für die Sensoren, die Satellitenbahnen und die Umwelteinflüsse auf die Messungen.
Die Struktur von ADS ermöglicht es, neu erhältliche Datensätze und Korrekturmodelle zügig zu integrieren. Da mehrere Korrekturmodelle für dieselben Störeffekte parallel vorgehalten werden, kann untersucht werden, welche Auswirkungen der einzelnen Korrekturen auf abgeleitete Größen wie beispielsweise den mittleren Meeresspiegel oder Kreuzungspunktstatistiken haben.
Um lange und konsistente Zeitreihen zu erzeugen, hat die Altimetriegruppe am GFZ an der Vereinheitlichung der Korrekturmodelle der verschiedenen Missionen gearbeitet. Sofern möglich, werden für alle Missionen dieselben Korrekturmodelle verwendet. Dies ist der Fall für alle Gezeitenmodelle, die Effekte der trockenen Troposphäre und des Luftdrucks. Andere Korrekturmodelle, beispielsweise für die Auswirkungen der Ionosphäre und der feuchten Troposphäre, sind von den Sensoren des jeweiligen Satelliten abhängig. In diesen Fällen wird das genaueste vorhandene Korrekturmodell verwendet, und etwaige systematische Differenzen zwischen den Korrekturmodellen werden untersucht. Andere Korrekturmodelle wie beispielsweise der 'sea state bias' oder die Satellitenbahnen sind missionsspezifisch und werden -sofern möglich- auf eine konsistente Art neu berechnet.
Für die Interkalibrierung der Daten verschiedener Missionen wurden zwei Ansätze gewählt. Zum einen werden aus Doppel-Kreuzungspunkten globale Biase berechnet. Zum anderen können Zeitreihen von zwei (oder mehr) Missionen auf gemeinsame Referenzperioden bezogen werden.
Durch das ADSC web Interface können auch externe Benutzer Altimetriedaten beziehen, prozessieren und verschiedene statistische Größen berechnen.
Global gemittelter Meeresspiegel
Trend des Meeresspiegels (1993 bis 2014)
Im Rahmen des Projektes ESA-CCI sea level wurden am GFZ neue Bahnmodelle für folgende Altimetermissionen ERS-1, ERS-2, Topex, Envisat, Jason-1 und Jason-2 berechnet. Die vorliegende Studie soll die Unsicherheit der Variabilität und des Trends des Meeresspiegels, die aus der Wahl des Bahnmodells resultiert, quantifizieren. Hierzu werden die Differenzen der radialen Bahnkomponenten verschiedener aktueller Bahnmodelle der Satelliten Envisat, Jason-1, ERS-2 und Topex auf festen Gitterpunkten für jeden Zyklus berechnet. Die Bahnmodelle stammen zum einen aus den Originaldatensätzen (GDRs) und zum anderen von verschiedenen Forschungszentren (z.B. GFZ, ESOC, GSFC) und sind in der Altimetriedatenbank des GFZ integriert (ADS Central).
Der Schwerpunkt lag bisher darauf zu untersuchen, welche Veränderungen durch den Einsatz von zeitvariablen Schwerefeldern bei der Bahnbestimmung auftreten. Die radialen Bahndifferenzen variieren auf sehr großen räumlichen Skalen, die sich mit relativen Verschiebungen des Geozentrums der verschiedenen Bahnmodelle erklären lassen. Die zeitlichen Variationen lassen sich zerlegen in einen Trend (bis zu 2.5 mm/Jahr) und zyklische Schwankungen mit Perioden von 180 und 365 Tagen, die bis zu ~10% des lokalen jährlichen Meeresspiegelsignals betragen. Obwohl die absoluten Zahlen relativ klein sind, tragen sie doch zum Fehler der Meeresspiegelvariabilität und des Trends bei. Aktuell werden die Auswirkungen weiterer Modelle (z.B. Troposphärenmodell) auf die Bahnbestimmung untersucht.
Rudenko, S., Dettmering, D., Esselborn, S., Schöne, T., Förste, C., Lemoine, J.-M., Ablain, M., Alexandre, D., Neumayer, K.-H. (2014): Influence of time variable geopotential models on precise orbits of altimetry satellites, global and regional mean sea level trends. Advances in Space Research 54:92–118, doi:10.1016/j.asr.2014.03.010
Esselborn, S., Schöne, T., Rudenko, S. (2015 online): Impact of Time Variable Gravity on Annual Sea Level Variability from Altimetry. Proceedings of the IAG Symposium 2013, September 1-6, 2013, Potsdam, Germany, Vol. 143, Springer International Publishing Switzerland 2015. Available from: doi:10.1007/1345_2015_103
Rudenko, S., Dettmering, D., Esselborn, S., Fagiolini, E., Schöne, T. (2016): Impact of Atmospheric and Oceanic De-aliasing Level-1B (AOD1B) products on precise orbits of altimetry satellites and altimetry results. Geophys. J. Int., 204(3), 1695–1702, doi:10.1093/gji/ggv545
Topex: Neue Bahnmodellierung und Änderungen des Meeresspiegels
Regionale Änderungen und Variabilität des Meeresspiegels im Nordatlantik werden mit Schwerpunkt auf den Dichte- und Massenkomponenten im Zeitraum 2002 bis 2015 untersucht. Folgende Datensätze auf einem 1°x1° Gitter mit monatlicher Auflösung werden ausgewertet: Wasserstände gemessen von den Jason-1/2 Altimetern prozessiert am GFZ (ADS Central), die Dichtekomponente abgeleitet von Argo-Drifter (MetOffice Hadley Centre for Climate Change) sowie die Massenkomponente abgeleitet aus Daten der GRACE Mission (GFZ RL05a, CSR RL05). Dabei werden räumliche Skalen ab 500 km untersucht.
Die monatlichen Wasserstände im Nordatlantik stimmen gut mit den Messungen ihrer sterischen und massenspezifischen Anteile überein. Der Meeresspiegel ist in den Tropen seit 2009 um ~4mm/Jahr angestiegen, was auf eine Zunahme der Masse zurückzuführen ist. Die dominante Mode der Wasserstandsanomalien ist durch die sterische Komponente bestimmt und hängt mit der Stärke des Subtropenwirbels zusammen.
Poster vom Ocean Surface Topography Science Team Meeting in Konstanz im Oktober 2014.
Hauptmoden der Meeresspiegelanomalien (Gesamt und Dichte)
Hydrometeorologisches und geodätisches Netzwerk in Zentralasien
Wasser ist eine der wichtigsten natürlichen Ressourcen und deren Verfügbarkeit hat einen starken ökonomischen Einfluss auf die Versorgung der Bevölkerung sowie die Agrarwirtschaft und Stromerzeugung. Mit der zunehmenden Entwicklung Zentralasiens in den letzten Jahrzehnten hat sich die Nachfrage nach und die Konflikte um Wasser verstärkt. Dabei wird das Wasser der beiden größten Flüsse (Amudarja, Syrdarja) in den Oberliegerstaaten für die Stromerzeugung und in den Unterliegerstaaten für die Agrarproduktion benötigt. Überalterte Bewässerungssysteme und Wasserverschwendung führten und führen zu Wasserknappheit und politischen Konflikten zwischen den betroffenen Staaten.
Die Untersuchung und die Abschätzung der verfügbaren Wasserressourcen und Untersuchungen zu deren Änderungen unter verschiedenen Klimaszenarien können helfen, ein nachhaltiges Wassermanagement in der Region zu etablieren. Dazu ist es notwendig, Grundlagendaten zur Meteorologie und Hydrologie dieser Region zu erheben.
Der Aufbau einer modernen Meßinfrastruktur für die Erfassung meteorologischer und hydrometeorologischer Daten ist Teil des ZAWa-Projektes (Wasser in Zentralasien). Das GFZ installiert dazu Remotely Operated Multi-Parameter Stations ROMPS/typo3/ in den zentralasiatischen Ländern, speziell in abgelegenen und Hochgebirgsregionen. Dort werden unterschiedliche Parameter, wie meteorologische, hydrologische (Schnee- und Abflussmengen) und GNSS Daten kontinuierlich erfasst. Die Daten werden vor Ort gespeichert und regelmäßig zu einer zentralen Sensor Daten Speicher System (SDSS) übertragen und den Nutzern bereit gestellt.
Das ZAWA-Netzwerk besteht derzeit aus 12 Stationen, wobei weitere geplant sind. Neben den hydrometeorologischen Sensoren und den an jeder Station vorhandenen GNSS-Empfängern sind einzelne Stationen mit Breitbandseismometern (3 Stationen), mit Kameras zur Gletscherüberwachung (3 Stationen), Analysesysteme für Schnee (4 Stationen) und zwei Stationen mit Abflußmesssystemen ausgestattet.
Global Change-Observatorium Zentralasien -Gletscherobservatorium Inylchek
Die Gletscher in den Hochgebirgsregionen der Welt sind von besonderem Interesse für Klimastudien, da diese sehr sensitiv auf Änderungen im globalen Wärmehaushalt reagieren. Zudem stellen Gletscher, vor allem in Zentralasien, eine wichtige natürliche Ressource bereit – Wasser. Der Inylchek ist einer der größten Gletscher im Tien Shan und wird aus dem Nord- und Südinylchek geformt. Am Zusammenschluss der beiden Arme, wird der Merzbacher See durch die Ansammlung von Schmelzwasser des nördlichen Inylchek Gletschers gebildet. Der Abfluss des Wassers wird durch den südlichen Inylchek in Form eines Eisdammes geblockt, bis das System zusammenbricht und sich der See innerhalb weniger Stunden durch unterirdische Gletscherkanäle entleert. Diese Gletscherseeausbrüche erfolgen regelmäßig mindestens einmal im Sommer.
Im August 2009 installierte das GFZ zusammen mit dem Zentralasiatischen Institut für Angewandte Geowissenschaften (CAIAG), die erste GNSS und meteorologische Station am Rand des Merzbacher Sees als Teil der Aktivitäten im Global Change Observatorium Zentralasien. Ein Jahr später wurde die Sation gegen eine ROMPS-Station/typo3/ ausgetauscht. In den nachfolgenden Jahren wurde das Observatorium zu einen Netzwerk von Messstationen ausgebaut und stellt meteorologische, hydrologische, GPS und seismische Daten sowie Bilder von optischen Kameras bereit zur weiteren Beobachtung des Gletscherseeausbruchs. Um das Bewegung des Gletscherkörpers und der Abschmelzraten speziell während des Ausbruches zu untersuchen, wurde eine bewegliche GPS station auf dem Eisdamm installiert und speichert kontinuierliche 1Hz GPS Daten.
Unabhängig von der grundsätzlichen Bewegung des Gletschers innerhalb des Jahres, wird der Eisdamm stark durch die Bildung und den Ausbruch des Gletschersees beeinflusst. Im Speziellen nehmen die vertikale Bewegung und die Oberflächen-geschwindigkeiten signifikant kurz vor dem Ausbruch zu. Das unterstützt die Annahme, dass der Bereich des Eisdamms nahe dem See, durch das Wasser angehoben wird. Nach dem Ausbruch dagegen, sinkt der Eisdamm rapide ab. Im Jahr 2014 betrug diese Abfall 20m innerhalb von acht Tagen. Der Ausbruch in 2015 unterscheidet sich zwar im Ausbruchszeitpunkt, des Ausmaßes und des gebildeten Seevolumens, aber das Verhalten des Eisdammes ähnlich dem zum Vorjahr zuvor. Diese vergleichbaren Ergebnisse haben das Potential ein Frühwarnsystem für den Ausbruch des Gletschersees zu entwickeln.
Zusätzlich zum Ausbruchsverhalten des Gletschersees, werden die Stationen u.a. für Klimastudien, Studien zum Verhalten großer Gletscher oder zur Überwachung für die Radaraltimetrie des CryoSat-2/SIRAL-Instruments verwendet.
GNSS-gestützte Gezeitenpegel für Meeresspiegeluntersuchungen und Tsunamifrühwarnung
Zur Erfassung von Tsunamis werden Echtzeitmessungen des instantanen Meeresspiegels in den tsunamigenen Regionen benötigt. Eine der am häufigsten genutzten Sensoren sind Pegelstationen. Unsere Erfahrung im Bereich der Meeresspiegelmessungen und bei GNSS-Technologien haben wir beim Aufbau des Tsunamifrühwarnsystems in Indonesien (GITEWS) genutzt und ein Netzwerk von GNSS-gestützten Pegelstationen an den Küsten des Indischen Ozeans aufgebaut. Zu diesem Netzwerk kommen noch Pegelstationen ohne GNSS.
Die GNSS-gestützten Pegel basieren auf den ROMPS-Konzept des GFZ. Die Stationen werden standardmäßig mit drei Pegelsensoren, mit einem GNSS-Empfänger und einer meteorologischen Kompaktstation ausgerüstet. Einige Stationen integrieren auch ein Breitbandseismometer. Ein PC auf der Basis des PC104-Konzepts stellt die Arbeitsumgebung bereit. Mit entsprechenden Softwaremodulen und einer Stationsmanagementsoftware kann die Station automatisch betrieben werden. Die Pegeldaten werden alle 20 Sekunden erfasst und direkt auf der Station analysiert. Werden ungewöhnliche Wasserstandsänderungen erfasst (z.B. während eines Tsunami), überträgt die Station automatisch die Daten in ein Warnzentrum. Für Installationen in Indonesien könne die Stationen auch direkt von einem Warnzentrum aus aktiviert werden. Alle Pegeldaten werden zusätzlich an das IOC für einen internationalen Datenaustausch übertragen.
Das vom GFZ betriebene Pegelnetzwerk trägt zu verschiedenen internationalen Projekten bei, u.a. zu IGS TIGA , GGOS, GCOS und GLOSS.
Das GFZ nutzt die Stationen für weitergehende Forschungsfragen im Bereich Meeresspiegel, u.a. für die Kalibrierung der Radaraltimetrie, lokale und regionale Meeresspiegeländerungen und für unser Programm zur Analyse von Küstensubsidenz in Indonesien.
TIGA - Tide Gauge Benchmark Monitoring Project
Pegelmessungen und Satellitenradaraltimetrie sind unsere zwei Hauptmethoden zur Untersuchung der Veränderungen des globalen Meeresspiegels. Die Nutzung von Pegeldaten verlangt, dass diese in einem stabilen Referenzrahmen eingebunden sind. Nur so lassen sich die beobachteten Meeresspiegeländerungen hinsichtlich ihrer Ursachen einordnen. Sei Mitte der 90iger Jahre steht mit dem Global Navigation Satellite System (GNSS, darunter werden GPS, GLONASS, GALILEO, u.a. Systeme verstanden) eine effektive Methode zur Überwachung der vertikalen Referenz der Pegel bereit.
Mit der Etablierung des Tide Gauge Benchmark Monitoring Pilot Project TIGA durch den International GNSS Service im Jahre 2001 steht ein internationaler Dienst zur Verfügung, der die Informationen über die geozentrische Lage der Pegel mit ca. 5-10mm Genauigkeit und die vertikalen Bewegungen mit besser 1mm/Jahr ableitet.
Das GFZ trägt zu diesem Dienst mit einem TIGA Analysezentrum bei. Wir werten Daten von über 600 global verteilten GNSS Stationen an oder in der Nähe von Pegeln aus. Dabei werden wöchentliche Koordinaten, vertikale Geschwindigkeiten und Erdorientierungsparameter geschätzt. Zusätzlich stellt das GFZ Bahndaten und Uhrenkorrekturen für GPS Satelliten bereit.
Das TIGA Analysezentrum des GFZ beteiligt sich an der IGS Reprozessierungskampagne und an der Neuberechnung des ITRF2013.
Multiparameter-Meßstationen (Remotely Operated Multi-Parameter Stations (ROMPS))
Globale Erdbeobachtungen benötigen eine Vielzahl von Multiparameter-Meßstationen (ROMPS) zur Erfassung verschiedenen Umwelt- und Erdparameter. In den vergangenen Jahren wurden am GFZ solche ROMPS entwickelt und sind heute in unterschiedlichen Klimaten, von -45°C bis + 50°C und unterschiedlichen Gebieten, vom Äquator bis in die Hochgebirgsregionen im Einsatz.
Die Stationen basieren auf einem einheitlichen Grundkonzept, bestehend aus einen Modul zur Stromversorgung und einem PC-Modul. Das PC-Modul basiert auf der PC104-Technologie und läuft unter Linux. Die Station kann mit verschiedenen Kommunikationsmodulen, z.B. LAN, GSM, Satellitentelefonie, BGAN oder auch VSAT, ausgestattet werden. Zur Stromversorgung werden, je nach Einsatzzweck, Solarmodule, Windgeneratoren, Brennstoffzellen oder auch 220V-Anschlüsse, verwendet.
Je nach Anwendungsgebiet wird das Basismodul mit verschieden Sensoren erweitert. Alle Stationen enthalten ein geodätischen GNSS-Empfänger, und verschiedene Datenlogger (z.B. von OTT ® für Pegelstationen oder vom Campbell Scientific ® für hydrometeorologische Stationen. In verschiedene Installationen werden zusätzlich Seismometer (über die SeisComp3-Software) und Kameras zur Überwachung von Gletschern betrieben. Weitere Hardware kann leicht integriert werden.
Alle Hardwarekomponenten sind über einen Batteriemanager an die Stromversorgung angeschlossen, der z.B. grenzwertgesteuerte Abschaltvorgänge erlaubt, bzw. zum Hardwarereset genutzt wird. Eine Vielzahl von intern erhobenen Daten (housekeeping data ) ermöglicht ein effektives Stationsmanagement. Die Station wird über eine Management-Software gesteuert, die einen Basisbetrieb ohne Interaktion erlaubt (Failover, Plattenplatzüberwachung, automatisierte Datentransfers u.v.a.m.). Individuelle Software für die angeschlossene Hardware lässt sich leicht integrieren.
Einzelnen Komponenten der Stationen ermöglichen Echt-Zeit-Anwendungen (GNSS, Seismologie), so dass die Stationen als Teil von Frühwarnsystemen (Indonesien, Oman) betrieben werden können.
Abgeschlossene Projekte
GNSS Bojen
Die Erfassung und Verfolgung der Ausbreitung von Tsunamis ist ein wesentliches Element in Frühwarnsystemen. Aus der Erfahrung des GFZ in der Entwicklung und dem Betrieb von GNSS-Bojen zur Kalibration von Satellitenradaraltimetern heraus wurden diese Bojen für den Betrieb im deutschen Beitrag GITEWS für das indonesische Tsunamifrühwarnsystem weiterentwickelt. Die von Deutschland bereitgestellten Bojen wurden erfolgreich vor den Küsten Sumatras und Javas eingesetzt.
Die Bojen, mit einer Höhe von 7m und einem Durchmesser von 2m, wurden ca. 80 bis 150 Seemeilen vor der Küste in bis zu 6km tiefen Gewässern verankert. Jede Boje ist mit einem hochgenauen geodätischen Empfänger (Septentrio PolarX3), einem dynamischen Bewegungssensor und drei Eintauchtiefensensoren ausgestattet. Dazu kommen umfangreiche meteorologische Sensoren, die weitere wichtige wissenschaftliche Daten erfassen. Die Bojen, die ausschließlich über Solarenergie betrieben werden, können Windstärken bis Bf12 problemlos überstehen. Im Bojeninneren übernimmt ein Mini-PC (PC104) den automatischen Betrieb, die Datenerfassung und die Kommunikation zum Warnzentrum.
Der Informationstransfer an Land ist der kritischste Teil des Systems, da alle Informationen im Warnfall schnell und vollständig übermittelt werden müssen. Deshalb wurden in jede Boje drei unterschiedliche und unabhängige Kommunikationssysteme integriert: INMARSAT’s BGAN, ein Iridium-Satellitentelefon und der in Asien verfügbare INMARSAT PASTI Service. Damit ist die Boje in der Lage, einen vollständigen 24/7-Betrieb zu gewährleisten. Sobald im Tsunamifrühwarnzentrum ein Alarm ausgelöst wird, können die Bojen in den Tsunamimodus versetzt werden und Informationen liefern.
Die GNSS-Daten werden mit 1Hz aufgezeichnet, aber auf 1/3Hz reduziert. Meteorologische Informationen stehen minütlich zur Verfügung. Im Fall eines Tsunami werden die GNSS-Daten der letzten Stunde übertragen und dann kontinuierlich aufdatiert, um den Verlauf des Tsunami zu erfassen. Die GNSS-Daten werden als Basislinie in Referenz zu einer der zahlreichen GNSS-Landstationen berechnet. Um das Tsunamisignal zu extrahieren, werden die Daten gefiltert und dann analysiert. Die abgeleitete Welleninformation kann dann im Warnzentrum bewertet werden.
Anmerkung: Die GNSS-Bojen werden nicht weiter im InaTEWS-System betrieben.
Ein weiteres Einsatzgebiet der GNSS-Technologie auf Bojen eröffnen Flußbojen, die gemeinsam mit der Sektion 5.4 entwickelt und dort betrieben werden. Die leichten Bojen, die von zwei Personen ausgebracht werden können, erfassen den Wasserstand und Fließparameter des Mekongs. Sie bieten eine gute Möglichkeit Pegelsysteme zu ersetzen, die in Deltas schwer zu betreiben sind. Die GNSS-Daten werden über einen 2.4GHz-Link an eine Basisstation übertragen und von dort an das Auswertezentrum weitergeleitet.
Hochfrequente Altimetriedaten des Meeresspiegels für die Validierung von GRACE Ozean-dealiasing Produkten
Daten von Satellitenaltimetern werden häufig zur Validierung von Ozeanzirkulationsmodellen genutzt. Um die Alias-Effekte in den GRACE-Messungen zu eliminieren, werden am GFZ hochfrequente Massenvariationen im Ozean mit dem 'Ocean Model for Circulation and Tides' (OMCT) modelliert und als sogennantes Dealiasing Produkt zur Verfügung gestellt (AOD1B). Die aktuelle Version dieses Produktes (RL05) wurde mit Jason-1 und Envisat Altimeterdaten aus dem ADS Central System des GFZ validiert.
Dazu wurden die Auswirkungen des Luftdrucks auf die Altimeter Daten aus den Jahren 2003 bis 2008 folgendermassen korrigiert: entlang der Bodenspuren wurden eine invers barometrische Korrektur und 6-stündliche ozeanische Massenvariationen aus zwei Versionen des OMCT-Modells (RL04 und RL05) subtrahiert. Diese Datensätze wurden entlang der Satellitenspuren weiter bearbeitet und letzlich auf tägliche 1°x1° Gitter interpoliert. Um Signale mit Perioden von mehr als 30 Tagen aus den Daten herauszufiltern, wurde ein Butterworth-Filter angewandt.
Die Analyse der Envisat und Jason-1 Daten zeigt, daß die RL05 Daten der ozeanischen Massenvariationen relativ zu den RL04 Daten eine Verbesserung im hochfrequenten Bereich für die meisten Ozeangebiete aufweisen. Besonders starke Verbesserungen finden sich im Südlichen Ozean und im nördlichen Nordatlantik.
Dobslaw, H., Flechtner, F., Bergmann-Wolf, I., Dahle, C., Dill, R., Esselborn, S., Sasgen, I., Thomas, M. (2013): Simulating high-frequency atmosphere-ocean mass variability for dealiasing of satellite gravity observations: AOD1B RL05. J. Geophys. Res. Oceans 118:3704–3711, doi:10.1002/jgrc.20271
Zenner, L., Bergmann-Wolf, I., Dobslaw, H., Gruber, T., Güntner, A., Wattenbach, M., Esselborn, S., Dill, R. (2014): Comparison of Daily GRACE Gravity Field and Numerical Water Storage Models for De-aliasing of Satellite Gravimetry Observations. Surv. Geophys. 1–16, doi:10.1007/s10712-014-9295-x
Standardabweichung des Meeresspiegels gemessen mit Envisat (2003 bis 2008)
Zunahme der erklärten Varianz bei Verwendung von OMCT RL05 anstatt RL04
Dobslaw, H., Flechtner, F., Bergmann-Wolf, I., Dahle, C., Dill, R., Esselborn, S., Sasgen, I., Thomas, M. (2013): Simulating high-frequency atmosphere-ocean mass variability for dealiasing of satellite gravity observations: AOD1B RL05. J. Geophys. Res. Oceans 118:3704–3711, doi:10.1002/jgrc.20271
Zenner, L., Bergmann-Wolf, I., Dobslaw, H., Gruber, T., Güntner, A., Wattenbach, M., Esselborn, S., Dill, R. (2014): Comparison of Daily GRACE Gravity Field and Numerical Water Storage Models for De-aliasing of Satellite Gravimetry Observations. Surv. Geophys. 1–1, doi: 10.1007/s10712-014-9295-x
Gain in explained variance using OMCT RL05 instead of RL04
REKLIM - Rekonstruktion der Wasserstandes in der Nordsee
Regionale Änderungen des Meeresspiegels werden als Teilprojekt des Helmholtz-Verbundes REKLIM (Regionale Klimaänderungen) im 'Thema 2: Meeresspiegeländerungen und Küstenschutz' untersucht. Die Nordseeküsten sind dicht besiedelt und regelmässig Sturmfluten ausgesetzt. Die Schwankungen des Meeresspiegels in der Nordsee unterscheiden sich in den letzten Dekaden von den global gemittelten. In Kooperation mit dem Helmholtz Zentrum Geesthacht und der University of Concepción werden jährliche Anomalien des Wasserstands in der Nordsee seit 1900 aus Pegel- und Altimeterdaten rekonstruiert. Hierfür werden auf Grundlage von Topex, Jason-1 und Jason-2 Altimeterdaten aus den Jahren 1993 bis 2012 Empirische Orthogonale Funktionen berechnet und mit Daten von 28 Pegelstationen kombiniert. Die Altimeterdaten wurden am GFZ prozessiert (ADS Central), die Pegeldaten stammen vom PSMSL.
Poster vom Ocean Surface Topography Science Team Meeting in Konstanz im Oktober 2014.
Albrecht, F., Esselborn, S.: Regional Sea Level Change in the North Sea since 1900, submitted.
Altimetrie
Pegelstationen
Automatische, echtzeitnahe Verarbeitung von GPS-Daten
Die Forderung nach hoher Genauigkeit macht die Verwendung hochwertiger, geodätischer GPS-Geräte notwendig, aber auch eine sorgfältige Datenverarbeitung der GPS-Rohdaten. Eine schnelle Verfügbarkeit der GPS-basierten Messergebnisse ist nur durch eine automatische Datenverarbeitung erreichbar. Im Rahmen des Projektes GITEWS wurde vom GFZ ein automatisch arbeitendes System zur Verarbeitung von GPS-Daten für das Indonesische Tsunami Frühwarnzentrum (INATEWS) in Jakarta entwickelt und integriert (Abbildung 1). Dieses System ist seit Ende 2008 in Betrieb.
Eine Komponente des neu entwickelten Systems ist die web-basierte, graphische Nutzerschnittstelle (Web-GUI), die eine einfach zu handhabende Überwachung der GPS-Netzwerke und des automatischen GPS-Prozessierungssystems selbst ermöglicht. So ist die einwandfreie Funktion aller Komponenten des Systems, gegebenenfalls aber auch eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit für das Betriebspersonal des Warnzentrums (Abbildung 2) zu jeder Zeit und an jedem Ort mit Internetzugang erkennbar.
Reference: Falck, C., Ramatschi, M., Subarya, C., Bartsch, M., Merx, A., Hoeberechts, J., Schmidt, G. (2010): Near real-time GPS applications for tsunami early warning systems. - Natural Hazards and Earth System Sciences (NHESS), 10, 2, p. 181-189.
Automatische, echtzeitnahe Bestimmung von ko-seismischen Bodenbewegungen (Ground Tracking System, GTS)
Die Stärke (Magnitude) und der Ort (Epizentrum + Tiefe) eines starken Erdbebens lassen sich mit der Messtechnik und den Methoden der Seismologie schnell und genau bestimmen. Wie und in welchem Maße dabei die Erdoberfläche im Bereich des Erdbebens verformt (deformiert) wurde, kann mit Hilfe der Seismologie bisher nur abgeschätzt, nicht aber genau bestimmt werden. Für die in der Tsunami-Frühwarnung wichtige, schnelle Beantwortung der Frage, ob ein Erdbeben einen Tsunami ausgelöst hat, ist aber gerade die Kenntnis dieser ko-seismischen Deformationen besonders relevant. Hier helfen die GPS-Messtechnik (GPS-Stationen) und ein spezielles Auswertungssystem, mit denen Bodenbewegungen an der Erdoberfläche erkannt und genau bestimmt werden können. Die GPS-basierte Bestimmung von Bodenbewegungen funktioniert besonders gut in der Nähe von Erdbebenherden, wo die Beträge der Bodenbewegungen hoch sind. Dagegen können seismologische Sensoren in der Nähe von Erdbebenherden übersteuert werden, während Messungen von weiter entfernten Sensoren, aufgrund der Laufzeit der seismischen Signale, erst nach einer gewissen Zeit zur Verfügung stehen können. Im Zusammenspiel mit anderen Techniken (Bestimmung des einen Tsunami anregenden Mechanismus und der Fläche) kann durch mit GPS-Technologie bestimmte Messwerte von Bodenbewegungen die Zuverlässigkeit von Tsunami Frühwarnungen deutlich verbessert werden (Abbildung 1).
Im Rahmen des Projektes GITEWS wurde vom GFZ ein automatisch arbeitendes System zur Bestimmung von Bodenbewegungen bzw. ko-seismischer Deformationen entwickelt. Es stützt sich auf ein automatisches GPS-Prozessierungssystem zur nahe Echtzeit-Verarbeitung der an GPS-Stationen in und um Indonesien kontinuierlich gemessenen Daten. Dieses am indonesischen Warnzentrum als Ground Tracking System eingeführte System kann weniger als 3 Minuten nach einem starken Erdbeben erste Werte (3D-Versatzvektoren) für relevante, d.h. insbesondere nahe dem Erdbeben gelegene Standorte mit GPS-Instrumenten liefern, die im weiteren Verlauf alle 2 Minuten aktualisiert werden.
Genaue Informationen über mögliche Bodenbewegungen werden auch für die Standorte von Pegelstationen geliefert, sofern diese mit GPS-Geräten ausgerüstet sind. Hat sich der Standort einer Pegelstation z.B. während eines Erdbebens verändert, so müssen die dort gewonnenen Messwerte zu Wasserspiegelhöhen korrigiert oder für Frühwarnzwecke verworfen werden.
Referenz: Falck, C., Merx, A., Ramatschi, M. (2013): Design and benefit of GFZ's GNSS-based Ground Tracking System (GTS) - Poster, The IAG Scientific Assembly 2013, 150th Anniversary of the IAG (Potsdam 2013).
GPS Real-Time Referenzstationen
Die für Anwendungen im Bereich von Frühwarnsystemen benötigte Genauigkeit, Zuverlässigkeit und schnelle Verfügbarkeit von GPS-Daten stellt hohe Anforderungen an die GPS-Messtechnik (GPS-Stationen). Das GFZ betreibt seit vielen Jahren ein global verteiltes Netz von am GFZ entwickelten GPS-Stationen für geodätische Aufgaben, die auch die Anforderungen für Aufgaben in der Frühwarnung erfüllen.
Im Rahmen des Projektes GITEWS wurden vom GFZ GPS-Referenzstationen in Indonesien installiert, die besonders leicht vor Ort zu warten sein sollten (Abbildung 1, Mitte). Aufbauend auf den langjährigen Erfahrungen mit den GFZ-Stationen des globalen Netzes wurde ein neues Stationsdesign entwickelt, bei dem die Komponenten in Modulen installiert sind. Die Module und die Kabelverbindungen lassen sich leicht an der Frontseite des Geräteracks prüfen und austauschen. Die nach einigen Jahren gegebenenfalls notwendige Integration neuer Gerätekomponenten anderer Typen oder Hersteller (z.B. Austausch defekter, nicht mehr lieferbarer Komponenten) wird durch die Modulbauweise sehr erleichtert. Die GPS-Antennen der Stationen sind in geringer Höhe über dem Erdboden auf starken Fundamenten befestigt (Abbildung 1, rechts). Dies sichert auch bei Erdbeben eine hohe Stabilität und eine feste Ankopplung der Konstruktion an den Boden. Die Stationen verfügen über zwei unterschiedliche, und damit vollkommen unabhängige, satellitengestützte Kommunikationssysteme. Die an diesen Stationen gemessenen GPS-Daten werden in Echtzeit an das Frühwarnzentrum in Jakarta übertragen. Aufgrund der technischen Merkmale wird dieser Stationstyp als GPS RTR Station bezeichnet (Real-Time-Reference). Das Netz der GPS Real-Time Referenzstationen in Indonesien bildet das Rückgrat für die im nationalen Frühwarnsystem etablierten, GPS-basierten Systemkomponenten.
Graphische Benutzerschnittstellen für GNSS-basierte Überwachungsaufgaben
Graphische Benutzerschnittstellen für GNSS-basierte Technik sind die sichtbaren Teile von Programmen, mit denen es Benutzern ermöglicht wird, GPS-Geräte und Verarbeitungssysteme für GNSS-Daten zu bedienen. Es gibt eine große Menge an Programmen für GNSS-basierte Anwendungen mit vielen Nutzern (z.B. GPS-Navigation in Fahrzeugen), aber nur sehr wenige Programme für spezielle Überwachungsaufgaben (z.B. in der Frühwarnung), für die dann spezielle Softwareentwicklungen nötig werden können.
Spezielle Überwachungsaufgaben erfordern insbesondere eine maßgeschneiderte Anzeige von Messdaten. Für Anwendungen in der Frühwarnung muss darüber hinaus auch eine sehr schnelle Aufbereitung relevanter Daten und Systemparameter gefordert werden, kombiniert mit für den Nutzer direkt und sicher erfassbaren, graphischen Darstellungen. Eine graphische Nutzerschnittstelle, die diese hohen Anforderungen erfüllt, wurde für die Überwachung und den Betrieb der im Projekt GITEWS genutzten GPS-Stationen (z.B. GPS Real-Time Referenzstationen), das automatische, nahe-Echtzeit GPS-Datenverabeitungssystem und das Ground Tracking System entwickelt. Das System ist web-basiert, so dass alle Funktionen und Ansichten über das Internet zur Verfügung gestellt werden können. Ein Nutzer muss deshalb selbst keine spezielle Software oder gar Betriebssystem bereithalten, ein normaler Web-Browser ist ausreichend. Dargestellt werden alle relevanten Parameter, von den Betriebszuständen der GNSS-Stationen und Verarbeitungssysteme bis zu den Systemprodukten, wie z.B. aus den Messungen abgeleitete, ko-seismische Verschiebungsvektoren der Stationsstandorte. Darüber hinaus können sonst oft aufwändige administrative Aufgaben, wie z.B. das Einpflegen neuer GNSS-Sensoren, mithilfe komfortabler Funktionen bewältigt werden. Das Systemdesign ermöglicht bei Bedarf auch eine Anpassung an neue Aufgaben. Beispiele sind das bereits erprobte Zusammenwirken mit einer Echtzeit-Auswertesoftware für GNSS-Daten und ein Experiment zur Prüfung der Strahlungsfestigkeit (Weltraumtauglichkeit) eines GNSS-Empfängers mithilfe einer Zyklotron Strahlenquelle (siehe Photo unten).
Literatur
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Zubovich, A., Schöne, T., Metzger, S., Mosienko, O., Mukhamediev, S., Sharshebaev, A., Zech, C. (2016 online): Tectonic interaction between the Pamir and Tien Shan observed by GPS. Tectonics, 35, p. 283-292
Illigner, J., Sofian, I., Abidin, H., Arief Syafi'i, M., Schöne, T. (2015 online): Coastal Sea Level Monitoring in Indonesia – Connecting the Tide Gauge Zero to Leveling Benchmarks. In: International Association of Geodesy Symposia Series, Berlin, Heidelberg : Springer
Zech, C., Schöne, T., Neelmeijer, J., Zubovich, A., Galas, R. (2015 online): Geodetic Monitoring Networks: GNSS-derived Galcier Surface Velocities at the Global Change Observatory Inylchek (Kyrgyzstan). In: International Association of Geodesy Symposia, Berlin [u.a.] : Springer
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Schöne, T., Zech, C., Unger-Shayesteh, K., Rudenko, V., Thoss, H., Wetzel, H.-U., Gafurov, A., Illigner, J., Zubovich, A. (2013): A new permanent multi-parameter monitoring network in Central Asian high mountains - from measurements to data bases. Geoscientific Instrumentation, Methods and Data Systems, 2, 1, p. 97-111