Sektion 4.5: Untergrund-Prozessmodellierung
Themen der Sektion Untergrund-Prozessmodellierung
Strukturmodellierung
Die Integration von geophysikalischen Daten und geologischen Informationen in konsistente Modelle der Beckenfüllung, der Kruste und der Lithosphäre ist eine zwingende Voraussetzung, wenn wir die Verteilung von physikalischen Eigenschaften und letztendlich auch die in Sedimentbecken herrschenden Druck- und Temperaturbedingungen ableiten wollen. Solche Modelle sind mit Beobachtungen aus Seismik, Seismologie, Gravimetrie, Magnetik und Wärmefluss konsistent und bilden gleichzeitig die Stratigraphie, Lithologie und Struktur der Sedimentbecken ab. Regionale 3D Strukturmodelle per se stellen darüber hinaus eine vielseitige Ausgangsbasis dar, um verschiedene Hypothesen zu testen. So können solche Modelle nicht nur genutzt werden, um Strukturanalysen durchzuführen und um dynamische „Forward“-Modelle zu kalibrieren, sondern stellen auch eine Basis für prozessorientierte Studien wie die 3D Berechnung von Temperatur- und Druckbedingungen oder die Rekonstruktion der Beckengeschichte.
Temperaturfeld
Für die gesellschaftlich relevante Erkundung von Georessourcen (Energie, Wasser), ist es wichtig, den heutigen Zustand des thermischen Feldes zu kennen und die Kopplung zwischen Fluid- und Wärmetransport in Sedimentbecken zu verstehen. Basierend auf den 3D Strukturmodellen testen wir, welche Konfiguration von thermischen Eigenschaften mit in Bohrungen beobachteten Temperaturen oder mit Wärmeflussmessungen an der Oberfläche übereinstimmen. Anhand von 3D numerischen Simulationen sagen wir tiefe Temperaturverteilungen in Sedimentbecken vorher, und untersuchen, welche Wärmetransport-Mechanismen auf welcher Skala relevant sind. Dabei können die Effekte von konduktivem Wärmetransport, aber auch Anteile des gekoppelten Transports von Wärme und Porenfluiden quantifiziert werden.
Gravimetrisches Feld
Oft sind die verfügbaren Informationen, um die tiefe Struktur der Lithosphäre unter Sedimentbecken zu beschreiben, auf lokale tiefe seismische Profile und spärliche Daten aus der Seismologie beschränkt. Hier bietet die 3D gravimetrische Modellierung eine hilfreiche komplementäre Methode, um die räumliche Dichteverteilung in der Tiefe zu ermitteln. Indem wir etablierte Beziehungen zwischen seismischen Geschwindigkeiten und Dichten nutzen, leiten wir Dichtemodelle ab, deren kumulativer Schwereeffekt mit der beobachteten Gravimetrie konsistent ist. Eine besondere Stärke der 3D gravimetrischen Modellierung ist hierbei, dass die Schichten in unterschiedlichen Tiefen ein gravimetrisches Signal von charakteristischer Wellenlänge erzeugen. Da der wahre 3D Einfluss von Massen berücksichtigt ist, wird die für Potentialfelder charakteristische Uneindeutigkeit im Vergleich zu 2D gravimetrischen Modellen massiv reduziert.
Deformation
Als Reaktion auf veränderte Spannungsfelder erfahren Sedimentbecken Deformation, wobei die Art und Weise entscheidend von internen rheologischen Heterogenitäten beeinflusst wird. Solche Heterogenitäten sind z.B durch vorhandene Salzschichten oder durch strukturell vererbte Schwächezonen gegeben. Um den Einfluss solcher Faktoren zu quantifizieren, führen wir Subsidenz- und Paläospannungs-Analysen durch und nutzen Methoden der strukturellen Restaurierung wie z.B. 3D Backstripping mit Berücksichtigung von Salzumverteilung. Ein Vergleich der Struktur und Subsidenzgeschichte von Sedimentbecken in verschiedenen plattentektonischen Settings erlaubt es schließlich, die Prozesse zu ermitteln, die die Subsidenz von Sedimentbecken maßgeblich steuern.