RFM - Regionales Hochwassermodell Deutschlands
Hochwasserrisikoabschätzung wurde traditionell auf der lokalen Skala durchgeführt. Es besteht jedoch der Bedarf, die Überflutungsflächen und das damit verbundene Risiko auf der nationalen Skala abzuschätzen. Die regionale Planung und die Ressourcenallokation für den Hochwasserschutz können basierend auf diesen Informationen effizienter gemacht werden. Die bisher angewandten Methoden haben eine Reihe von erheblichen Nachteilen, die überwunden werden sollen. Dazu zählen die Annahmen von der einheitlichen Hochwasserjährlichkeit für große Einzugsgebiete in einem Hochwasserszenario, der Einsatz von stationären anstatt instationären hydrodynamischen Berechnungen sowie die Vernachlässigung von Hochwasserschutzmaßnahmen und deren möglichen Versagens. Das Ziel dieses Langzeitprojektes ist die Entwicklung eines Modellierungssystems für die Durchführung einer kohärenten Hochwasserrisikoabschätzung in großen Einzugsgebieten Deutschlands. Das Regional Flood Model (RFM) besteht aus einer Modellkette, die die wesentlichen Prozesse der Hochwasserentstehung und der daraus resultierenden Schadens abbildet.
Ergebnisse
Deutschlandweite Hochwasserrisikoabschätzung
Mit der RFM-Modellkette konnte eine erste einheitliche regionale Risikoabschätzung für die fünf großen Einzugsgebiete in Deutschland durchgeführt werden (Sairam et al., 2021). Im Unterschied zu den Gefährdungsabschätzungen der einzelnen Bundesländer im Rahmen der Umsetzung der Hochwasserrahmenrichtlinie wurde eine einheitliche, kontinuierliche Modellsimulation über die Bundesländergrenzen hinweg angewandt und die Risikoabschätzungen für die drei Sektoren Privathaushalte, Gewerbe/Industrie und Landwirtschaft durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass das größte Risiko in Deutschland im kommerziellen Sektor besteht. Während die Schadenserwartungswerte für den privaten Sektor in den drei größten Einzugsgebieten (Elbe, Rhein, Donau) ähnlich sind, stechen die Werte für den kommerziellen und landwirtschaftlichen Sektor im Elbeinzugsgebiet hervor.
Publikation:
Sairam, N., Brill, F., Sieg, T., Farrag, M., Kellermann, P., Nguyen, V. D., Lüdtke, S., Merz, B., Schröter, K., Vorogushyn, S., & Kreibich, H. (2021). Process-based flood risk assessment for Germany. Earth’s Future, 9(10), e2021EF002259. doi.org/10.1029/2021EF002259
Risikosensitivität zu Änderungen in verschiedenen Prozesskomponenten und zu räumlichen Abhängigkeiten
In der Studie von Duha Metin et al. (2018) wurde RFM zur Analyse von Sensitivitäten des Hochwasserrisikos zu Änderungen in verschiedenen Stellschrauben entlang der Risikoprozesskette wie Niederschlag, Temperatur, Hochwasserrückhaltebecken, Deichhöhe sowie Exposition und Vulnerabilität eingesetzt. Des Weiteren wurden der Effekt der Annahmen zur räumlichen Abhängigkeiten der Wiederkehrperioden der Hochwasserabflüsse in verschiedenen Teilgebieten bei der Risikoabschätzung untersucht (Duha Metin et al., 2020). So konnte gezeigt werden, dass die Abschätzung des jährlichen Schadenserwartungswerts quasi unabhängig von der Annahme zu Abhängigkeit ist, während bei der Schätzung des 200-jährigen Schadens ein Fehler bis zu 50% möglich ist, bei der Annahme der vollen Abhängigkeit oder Unabhängigkeit im Vergleich zu räumlich-konsistenten Abschätzung.
Publikationen:
Duha Metin, A., Viet Dung, N., Schröter, K., Guse, B., Apel, H., Kreibich, H., Vorogushyn, S., & Merz, B. (2018). How do changes along the risk chain affect flood risk? Natural Hazards and Earth System Sciences, 18(11). doi.org/10.5194/nhess-18-3089-2018
Duha Metin, A., Viet Dung, N., Schröter, K., Vorogushyn, S., Guse, B., Kreibich, H., & Merz, B. (2020). The role of spatial dependence for large-scale flood risk estimation. Natural Hazards and Earth System Sciences, 20(4). https://doi.org/10.5194/nhess-20-967-2020
Räumlich-konsistente Hochwasserrisikoabschätzung für meso-skalige Einzugsgebiete
Mit dem entwickelten Regionalen Hochwassermodell Deutschlands konnte die erste räumlich konsistente Simulation von Hochwasserabflüssen, Überflutungsflächen und Schäden auf Skala von großen und meso-skaligen Einzugsgebieten (Elbe, Mulde) durchgeführt werden (Falter et al., 2015, 2016). Für das Mulde Einzugsgebiet basiert sich die Risikoabschätzung auf 10.000 Jahren synthetisch generierter Klimazeitreihen, die für den Antrieb des hydrologischen Modells eingesetzt wurden. Die Überflutungsflächen für mehr als 2000 Ereignisse in diesem Zeitraum wurden auf 100 m räumlicher Auflösung berechnet und bildeten die Grundlage für Schadensmodellierung.
Publikationen:
Falter, D., Dung, N. V., Vorogushyn, S., Schröter, K., Hundecha, Y., Kreibich, H., Apel, H., Theisselmann, F., & Merz, B. (2016). Continuous, large-scale simulation model for flood risk assessments: Proof-of-concept. Journal of Flood Risk Management, 9(1), 3–21. doi.org/10.1111/jfr3.12105
Falter, D., Schröter, K., Dung, N. V., Vorogushyn, S., Kreibich, H., Hundecha, Y., Apel, H., & Merz, B. (2015). Spatially coherent flood risk assessment based on long-term continuous simulation with a coupled model chain. Journal of Hydrology, 524, 182–193. doi.org/10.1016/j.jhydrol.2015.02.021