GFZ-Forscher Michael Henehan erhält einen prestigeträchtigen Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) in Höhe von 2 Millionen Euro für seine Forschungen zu Klimazonen der Vergangenheit. Das mit dem ERC Grant geförderte Projekt PETRARCH ('Pinpointing Earth System ThResholds for Anoxia with new Reconstructions of the Cretaceous Hothouse') wird im Februar 2023 beginnen und fünf Jahre laufen. In seinem Fokus: eine neue Bedrohung für unser Erdsystem, nämlich der rapide Rückgang der Sauerstoffkonzentration in den Ozeanen der Erde.
In den letzten 50 Jahren hat sich die Fläche unserer Ozeane, in denen der Sauerstoffgehalt für viele Meereslebewesen zu niedrig ist (sogenannte "Sauerstoffminimumzonen"), um eine Fläche vergrößert, die der gesamten EU entspricht. Zurückzuführen ist das auf eine Kombination aus Erwärmung, Düngemitteleintrag und Störungen der Meeresökosysteme. Mit fortschreitender menschlicher Aktivität wird sich dies wahrscheinlich noch verschlimmern, und es besteht die Sorge, dass komplexe Rückkopplungen im Ozean sogenannte 'Kipp-Punkte' schaffen könnten, jenseits derer die Sauerstoffbelastung rasch sehr viel extremer wird. Um herauszufinden, welche spezifischen Auslösemechanismen für diese Kipppunkte am wichtigsten sind, wird Henehans Projekt am GFZ modernste geochemische Methoden einsetzen, um mehrere Intervalle in der Kreidezeit (vor 66 bis 145 Millionen Jahren) zu untersuchen, in denen die Ozeane der Erde das letzte Mal in eine extreme, globale Sauerstofflimitierung kippten. Durch die Untersuchung der Chemie alter Mikrofossilien in Schlamm, der aus der Tiefe des Meeresbodens gebohrt wurde, und die Kombination dieser Ergebnisse mit Simulationen von Erdsystemmodellen wollen Henehan und sein neues Team herausfinden, welche Kombination von Faktoren genau einen globalen Absturz des Sauerstoffgehalts in den Ozeanen verursachen können.
„Aus der Kreidezeit können wir noch viel darüber lernen, wie unsere Welt funktioniert. Sie überspannt diese extremen Perioden von Sauerstoffstress und einige der wärmsten globalen Temperaturen der letzten 250 Millionen Jahre. Die Art von geochemischen Ansätzen, die wir in diesem Projekt verfolgen werden, und die Art von aufregenden Erkenntnissen, die man daraus gewinnen kann, wurden bislang noch nicht für so weit zurückliegende Zeiträume der Vergangenheit angewendet, so dass wir in dieser Hinsicht wirklich an Grenzen stoßen werden“, sagt Henehan.
Der Geochemiker Michael Henehan arbeitet seit 2017 in der Sektion 3.3 „Geochemie der Erdoberfläche“ am GFZ. Aufgewachsen in Irland, studierte er an den Universitäten Bristol und Southampton in Großbritannien, wo er auch promovierte. Anschließend verbrachte er 3,5 Jahre als PostDoc in den USA an der Yale University, bevor er seine jetzige Stelle am GFZ antrat.
Sein vom ERC gefördertes Projekt PETRARCH ('Pinpointing Earth System ThResholds for Anoxia with new Reconstructions of the Cretaceous Hothouse') ist nach dem italienischen Gelehrten und Dichter Petrarca (1304-1374) benannt, dessen Arbeit zur Erforschung und Kuratierung antiker Archive aus Rom und Griechenland eine Renaissance in den Künsten und Wissenschaften einleitete. Wie sein Namensgeber wird auch dieses Projekt auf bisher übersehene Aufzeichnungen aus der Vergangenheit zurückgreifen - in diesem Fall auf Bohrkerne aus der Tiefsee -, um die Welt von heute zu verstehen.
Über den ERC (©ERC)
Der ERC, der 2007 von der Europäischen Union gegründet wurde, ist die wichtigste europäische Förderorganisation für exzellente Pionierforschung. Er fördert kreative Forscher aller Nationalitäten und jeden Alters, die Projekte in ganz Europa durchführen. Der ERC bietet vier zentrale Förderprogramme an: Starting Grants, Consolidator Grants, Advanced Grants und Synergy Grants.
Mit den Consolidator Grants werden exzellente vielversprechende Wissenschaftler*innen im Zeitraum von sieben bis zwölf Jahre nach der Promotion gefördert, deren Arbeitsgruppe sich in der Konsolidierungsphase befindet.
Der ERC wird von einem unabhängigen Leitungsgremium, dem wissenschaftlichen Rat, geleitet. Seit dem 1. November 2021 ist Maria Leptin die Präsidentin des ERC. Das Gesamtbudget des ERC für die Jahre 2021 bis 2027 beläuft sich auf mehr als 16 Mrd. EUR und ist Teil des Programms Horizont Europa, für das die EU-Kommissarin für Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend, Mariya Gabriel, zuständig ist.
Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr. Michael Henehan
Sektion 3.3 “Geochemie der Erdoberfläche”
Helmholtz-Zentrum Potsdam
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ
Telegrafenberg
14473 Potsdam
Tel.: +49 331 288-28600
E-Mail: michael.henehan@gfz-potsdam.de