Auf dem Deutschen Geothermiekongress wurden zwei junge Wissenschaftlerinnen, die beide im Rahmen von GFZ-Projekten der Sektion 4.8 „Geoenergie“ forschen, ausgezeichnet: Leandra Weydt erhielt den Preis als „Jungwissenschaftlerin 2023“, Lena Muhl wurde für den besten Beitrag zur „Science Bar“ prämiert, wo Nachwuchsforschende ihre Bachelor-, Master- oder Doktorarbeit als Poster präsentieren.
Der Deutsche Geothermiekongress (DGK), zu dem der Bundesverband Geothermie (BVG) alljährlich die Geothermiebranche aus dem In- und Ausland einlädt, fand vom 17.10. bis 19.10.2023 in Essen statt. Er bringt Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zum Wissensaustausch zusammen und ist als solcher im deutschsprachigen Raum einzigartig. Das Deutsche GeoForschungsZentrum ist seit Jahren wichtiger Partner des Kongresses und war in diesem Jahr mit mehr als 20 Fachvorträgen und Postern sowie einem Ausstellungsstand vertreten.
2024 findet der Deutsche Geothermiekongress vom 22. bis 24. Oktober in Potsdam statt.
Auszeichnung für Leandra Weydt als „Jungwissenschaftlerin 2023“
Leandra Weydt erhielt die Auszeichnung für ihre Spitzenleistungen in der Reservoircharakterisierung und Potentialuntersuchung tiefer geothermischer Reservoirsysteme der vergangenen Jahre.
Sie fertigte seit 2017 im Rahmen des vom GFZ koordinierten EU-Projekts GEMex zur Potenzialanalyse der Geothermienutzung in Mexiko ihre Dissertation an und wurde 2022 an der TU Darmstadt mit „summa cum laude“ promoviert. In ihrer Doktorarbeit konzentrierte sie sich auf die Charakterisierung superheißer (mehr als 350°C) geothermischer Reservoirsysteme in Mexiko. Dabei erstellte sie eine umfassende Gesteinsdatenbank zweier Vulkankomplexe mit mehr als 32.000 Datenpunkten. Und an Bohrkernen untersuchte sie detailliert hydrothermale Alterationsprozesse, also durch heiße Wässer im Gestein verursachte chemische und mineralogische Veränderungen sowie deren Auswirkungen auf die Reservoireigenschaften. Durch die Verknüpfung verschiedener geologischer und geophysikalischer Datensätze gelang ihr eine verbesserte Reservoircharakterisierung. Die Anwendung ihrer Ergebnisse in einem 3D-Dichtemodell zeigt, wie wichtig umfangreiche analytische Datensätze für die Reservoircharakterisierung und -modellierung sind.
2020 forschte Leandra Weydt mit einem der begehrten Auslandsstipendien des Deutschen Akademischen Austauschdienstes an der Oregon State University (USA). Im Rahmen des EDGE-Projekts (ein internationales Forschungsnetzwerk für die Optimierung geothermischer Bohrungen mit Hilfe von Deep Machine Learning und Cloud-basierter Datenaggregation) analysierte sie Bohrdaten von Hochenthalpie-Reservoirsystemen in den USA und Island. Seit 2022 leitet sie verschiedene Forschungsprojekte zur 3D-Modellierung des Oberrheingrabens und zur Gesteinscharakterisierung des kristallinen Grundgebirges in Deutschland.
In seiner Laudatio würdigte Ernst Huenges, Sprecher des Komitees Ehrungen des BVG und ehemaliger Leiter der Sektion Geoenergie am GFZ, Leandra Weydts Arbeit zudem: „Ihre bisherigen wissenschaftlichen Leistungen werden maßgeblich zur zukünftigen Exploration und Erschließung tiefer geothermischer Systeme beitragen.“
Gratulation von Sektionsleiter Ingo Sass
„Leandra Weydt hat in ihrer Dissertation im europäischen Großprojekt GEMex starke Ergebnisse erzielt und diese so aufbereitet, dass sie in der Anwendung Berücksichtigung finden. Das ist besonders eindrucksvoll, da sie sich mit einem Thema aus der Grundlagenforschung befasst hat. Ihre wissenschaftliche Arbeit hat sie zudem mit einer intensiven Veröffentlichungstätigkeit verbunden. Das GFZ hat in einem Folgeprojekt in Mexiko die geowissenschaftliche Begleitung eines Industrievorhabens angetragen bekommen. Dazu hat Leandra Weydt entscheidend beigetragen.“
Zur Person
Leandra Weydt schloss ihr Studium 2016 an der TU Darmstadt mit dem Master-Abschluss in Angewandten Geowissenschaften mit den Schwerpunkten Ingenieurgeologie und Geothermie ab. Bevor sie 2017 ihre Doktorarbeit begann, arbeitete Sie als Ingenieurgeologin im Bereich Geotechnik. 2020-2022 war sie Gastwissenschaftlerin an der Oregon State University, USA, und wurde 2022 mit „summa cum laude“ an der TU Darmstadt promoviert. Seit Juni 2022 leitet sie eine Arbeitsgruppe an der TU Darmstadt.
Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr. Leandra Weydt
Institut für Angewandte Geowissenschaften
Technische Universität Darmstadt
Tel.: +49 6151 16-22301
E-Mail: weydt@geo.tu-darmstadt.de
Posterpreis für Lena Muhl
Lena Muhl stellte auf ihrem Poster mit dem Titel „Verbesserung der Permeabilität durch Chelatbildner in Granitoiden (Odenwald und Schwarzwald, Deutschland)“ erste Ergebnisse ihrer Doktorarbeit vor. Sie beschäftigt sich mit der Nutzung von umweltfreundlichen Chelatbildnern zur chemischen Stimulation von geothermischen Reservoiren. Stimulation soll helfen, die Permeabilität, also die Durchlässigkeit des Gesteins, zu verbessern und Fließwege zu schaffen, damit das warme Wasser zur Nutzung heraus- oder durchgepumpt werden kann.
Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist die sogenannte hydraulische Stimulation. Hierbei wird Wasser mit hohem Druck in den Untergrund gepresst, um die Gesteine mechanisch aufzubrechen. Dabei kann es zu induzierter Seismizität, also zu Erschütterungen im Untergrund kommen.
Um das Risiko für solche Erschütterungen des Untergrundes zu verringern, wurde kürzlich eine umweltfreundliche chemische Stimulation mit Chelatbildnern von geothermischen Reservoiren vorgeschlagen. Hierbei werden dem eingepressten Wasser natürliche Additive zugefügt, Substanzen, die zum Beispiel bestimmte Elemente an sich binden und so dafür sorgen, dass Fließwege sich erweitern oder einmal geschaffene Risse im Gestein nicht wieder verstopfen.
Lena Muhl hat die genannten umweltfreundlichen Chelatbildner genutzt, um das Potential für deutsche Gesteine zu erforschen. Auf ihrem Poster hat sie die Ergebnisse von Durchströmungsexperimenten mit diesen umweltfreundlichen Chelatbildnern für eine Reihe von Granitoiden vorgestellt, typisches Gestein in Regionen Deutschlands, wo eine geothermische Nutzung sinnvoll ist. Die Experimente wurden unter den für geothermische Anwendungen typischen Temperatur- und Druckverhältnissen durchgeführt.
Die ersten Ergebnisse zeigen eine schnelle und große Verbesserung der Permeabilität bei 200°C unter einem Begrenzungsdruck von 55 MPa. Dabei zeigte sich, dass ein häufig vorkommendes Mineral, der Biotit, welcher zuvor mittels Röntgen-CT-Messungen identifiziert worden war, häufig gelöst wurde. Somit wurden vorhandene Fließwege erweitert. Die Ergebnisse zeigen, dass diese Art der Stimulation die hydraulische Stimulation unterstützen kann und somit das Risiko von Erschütterungen im Untergrund verringern könnte.
Gratulation von Sektionleiter Ingo Sass
„Ich freue mich, dass sich Lena Muhl gegen 27 Mitbewerber:innen erfolgreich durchgesetzt hat. Dank ihrer starken Eigeninitiative hat sie die Grundlagen für die Kooperation mit der Tohoku Universität in Japan gelegt und dieses spannende Forschungsthema ans GFZ gebracht. In ihrer Präsentation hat sie eindrucksvoll gezeigt, wie Wissenschaft aus dem Labor anschaulich vermittelt werden kann. Herzlichen Glückwunsch!“
Zur Person
Lena Muhl ist zurzeit Doktorandin, sowohl am GFZ in der Sektion 4.8 „Geoenergie“ als auch an der TU Darmstadt. Sie hat Forschungsaufenthalte an der Tohoku University in Sendai, Japan, und an der UniLaSalle in Beauvais, Frankreich, absolviert. Sie arbeitete im Projekt „AMPEDEK – Atlas der Mineralogischen und Petrophysikalischen Eigenschaften Deutscher Kristalliner Wirtsgesteine“ und im Projekt „Hessen 3D 2.0: 3D-Modell der petrothermalen und mitteltiefen Potenziale zur Stromerzeugung, Wärmenutzung und -speicherung von Hessen.“ an der TU Darmstadt. Dort machte sie auch ihren Masterabschluss in Angewandten Geowissenschaften, in Zusammenarbeit mit dem GFZ Potsdam. Ihre Abschlussarbeit hatte den Titel „Hydro-mechanical parameters of Cornubian and Odenwald reservoir granitoids with focus on fracture stiffness testing and modelling“.