Die vom GFZ betriebene Satelliten-Empfangsstation in Ny-Ålesund auf Spitzbergen (Kürzel NYA) empfängt seit über 20 Jahren – automatisch und ferngesteuert aus Potsdam – Daten von wissenschaftlichen Satelliten in polaren Umlaufbahnen. Daten kommen aktuell insbesondere von den beiden GRACE-FO Satelliten, die in Kooperation mit der NASA betrieben werden. Für diese Satellitenmission wird NYA sogar als primäre Empfangsstation eingesetzt, was auch für die Nachfolgemission, die 2028 starten soll, geplant ist.
Als Teil der modularen Infrastruktur MESI des GFZ (Modular Earth Science Infrastructure) werden in Ny-Ålesund aber auch noch weitere Satelliten mit unterschiedlichen Kooperationspartnern empfangen. Bisher wurden an der Station dafür ausschließlich Frequenzen im S-Band (ca. 2.2-2.45 GHz) genutzt, die auch weiterhin bei vielen Satellitenmissionen für die Übertragung der an Bord der Satelliten gemessenen Daten zur Erde zum Einsatz kommen werden. Üblich sind dabei Datenraten von z.B. 3 Megabit pro Sekunde, wie bei den beiden GRACE-FO Satelliten. Die im S-Band verfügbaren Bandbreiten, und damit die möglichen maximalen Datenraten, sind allerdings begrenzt – bedingt durch eine globale Regulierung der Frequenz-Bandbreiten – und insbesondere für Satellitenprojekte mit höherem Datenaufkommen gegebenenfalls nicht ausreichend.
Um auch solche Satellitenprojekte unterstützen zu können, wurde eine der beiden Antennen an der Empfangsstation des GFZ für den Empfang von Satelliten im X-Band (ca. 7.9 – 8.4 GHz) aufgerüstet. Im X-Band stehen deutlich höhere Bandbreiten für Datenübertragungen zur Verfügung und der X-Band Empfang in Ny-Ålesund kann jetzt sogar simultan mit dem Empfang der gleichen Satelliten im S-Band erfolgen, was von vielen Satelliten unterstützt wird (z.B. TerraSAR-X und TanDEM-X des DLR). Außerdem kann neben der zumeist verwendeten RHC-Polarisation (right hand circular) auch die LHC-Polarisation (left hand circular) gewählt werden, und das in beiden Bändern unabhängig voneinander. Die Konstruktion und der Bau des für den Empfang notwendigen Konverters (setzt die X-Band Frequenzen auf niedrigere Frequenzen um) erfolgte durch das GFZ, ebenso wie die Integration und Steuerung aller anderen benötigten Systeme in Ny-Ålesund (Vorverstärker, Empfänger, Software usw.).
An der Empfangsstation konnte nun erstmals Ende November 2022, und seitdem beinahe täglich, im Rahmen eines Kooperationsvertrags mit der TU-Berlin, deren Mikrosatellit TUBIN (Masse nur 22,5 Kg) im X-Band empfangen werden. TUBIN wurde von wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen und Studierenden an der TU-Berlin entwickelt und gebaut. Er trägt neben zwei Kameras für den Infrarot-Bereich, zur Detektion von größeren Wärmequellen, wie insbesondere Waldbränden, auch eine Kamera für Aufnahmen im sichtbaren Bereich. Die Datenrate für die Übertragung der von TUBIN aufgenommenen Bilder zur Empfangsstation beträgt 25 Megabit/Sekunde und ist damit rund achtmal so hoch wie bei GRACE-FO. Für die Empfangsstation wären sogar noch höhere Datenraten möglich. Der am GFZ gebaute Konverter ist sehr breitbandig ausgelegt und der eingesetzte Empfänger kann bis zu 500 Megabit/Sekunde empfangen.
Durch den regelmäßigen X-Band Empfang von TUBIN an der GFZ-Empfangsstation profitiert nicht nur das TUBIN-Projekt, sondern auch das GFZ, denn auf diese Weise können wertvolle Erfahrungen für den auf höheren Frequenzen technisch anspruchsvolleren Empfangsbetrieb gesammelt werden. In einem nächsten Schritt soll auch die zweite Antenne der Station für den Empfang im X-Band erweitert werden. Damit könnten dann nicht nur Satellitenprojekte mit höheren Datenraten im universitären Bereich unterstützt werden, sondern auch größere Projekte für die Redundanzen unabdingbar sind.
Übersichtsartikel zum Satellitenempfang in Ny-Alesund:
- Falck, C., Reißland, S., Snopek, K., Massmann, F.-H. (2020): Satellite data reception at Ny-Ålesund, Spitsbergen: From CHAMP to GRACE Follow-On. - ZfV: Zeitschrift für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement, 145, 2, 111-117. https://geodaesie.info/zfv/heftbeitrag/8568/zfv_2020_2_Falck_et-al.pdf