Dr. Sanja Panovska, Projektleiterin in der Sektion 2.3 Geomagnetismus am Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ, hat für ihr Projekt „EXCURSION“ einen ERC-Consolidator Grant eingeworben. Der prestigeträchtige Förderpreis des Europäischen Forschungsrates ERC ist mit einer Fördersumme von rund 2 Millionen Euro verbunden. Ziel ihres auf fünf Jahre angelegten Projektes ist es, das erste datengestützte Modell des Erdmagnetfeldes der letzten 780.000 Jahre zu entwickeln. Dabei wird ein besonderer Fokus auf sogenannten geomagnetischen Exkursionen liegen. Das sind Episoden, in denen sich das Magnetfeld der Erde stark abschwächt aber nicht vollständig umkehrt. Derartige Ereignisse können den natürlichen Schutz verringern, den das Erdmagnetfeld vor solarer und kosmischer Strahlung bietet, und sich so möglicherweise auf technologische Infrastruktur, Umwelt und Klima auswirken.
ERC-Consolidator-Grants ermöglichen exzellenten Forschenden 7 bis 12 Jahre nach ihrer Promotion die Konsolidierung, den Ausbau ihrer einer eigenen Arbeitsgruppe, um ihre wissenschaftliche Unabhängigkeit zu festigen.
Gratulation von Prof. Susanne Buiter, Wissenschaftliche Vorständin des GFZ:
„Herzlichen Glückwunsch an Sanja Panovska für diesen großartigen Erfolg. Mit ihrem ambitionierten Projekt an den Grenzen des geophysikalischen Wissens wird sie nicht nur neue Erkenntnisse zur Entwicklung des Erdmagnetfeldes ermöglichen, sondern auch einen wichtigen Beitrag für die Erforschung der tiefen Erde, der Umwelt sowie des Paläo- und Weltraumklimas leisten. Wir freuen uns, dass der Europäische Forschungsrat diese wichtige Geowissenschaftliche Grundlagenforschung an unserem Zentrum stärkt.“
Das Projekt im Detail
Das Projekt trägt den englischen Titel EXCURSION: „Geomagnetic field excursions: revealing the extreme states of Earth's outer core“, übersetzt: „Exkursionen des Geomagnetischen Felds: Aufschluss über die extremen Zustände des äußeren Erdkerns“.
Das Magnetfeld der Erde ist in stetem Wandel: Es hat seinen Ursprung im flüssigen äußeren Erdkern und variiert immer ein bisschen in Raum und Stärke, gelegentlich kommt es allerdings zu größeren Veränderungen bis hin zu vollständigen Umpolungen, die sich auf Zeitskalen von einigen Tausend Jahren abspielen. Episoden stärkerer Änderung, die zwar keine vollständige Umpolung aufweisen, bei denen sich aber anomale magnetische Richtungen ausbilden, die von der üblichen dipolaren Form abweichen, nennt man Exkursion. Hierbei schwächt sich das Feld erheblich ab. Dadurch vermindert sich seine natürliche abschirmende Wirkung gegen solare und kosmische Strahlung, was auf der Erde u.a. aufgrund elektromagnetischer Wechselwirkungen zu erheblichen technologischen und zu potenziellen ökologischen und klimatischen Auswirkungen führen kann.
Bislang ist das wissenschaftliche Verständnis der geomagnetischen Exkursionen noch begrenzt. Aufgrund der oben genannten Risiken wird es aber immer wichtiger und dringlicher, diese Ereignisse zu erforschen. Zumal in den letzten Jahrhunderten eine erhebliche Abnahme der geomagnetischen Feldstärke beobachtet wird.
Das Projekt EXCURSION wird sich mit grundlegenden Fragen dieser Übergangsereignisse des Erdmagnetfeldes befassen: Was sind ihre genauen Ursachen? Mit welchen Frequenzen treten sie auf? Wie lange dauern sie? Wie entwickelt sich das Magnetfeld in dieser Zeit? Und wie lassen sich solche Ereignisse vorhersagen? Dabei gilt es insbesondere, die Dynamik im Erdkern sowie die globalen und regionalen Merkmale möglichst vieler dieser Ereignisse verstehen.
In diesem Projekt wird sich Sanja Panovska mit ihrem Team sich auf die geomagnetischen Exkursionen im sogenannten Brunhes-Chron konzentrieren, das umfasst die letzte 780.000 Jahre. Ihr Ziel ist es, das erste datenbasierte Modell des geomagnetischen Feldes für diesen Zeitraum zu erstellen – inklusive hochauflösender Rekonstruktionen der Exkursionen, die darin stattgefunden haben. Diese Modelle werden mit modernsten 3D-Simulationen des Erddynamos verknüpft, um den Zustand des Erdkerns und des Geodynamos während der Exkursionsereignisse zu bestimmen. Auf die neuen Modelle werden Methoden des maschinellen Lernens angewandt, um gemeinsame Merkmale von Exkursionen zu identifizieren.
„Diese bahnbrechende Synthese mehrerer Exkursionsereignisse, die mit datenbasierten Rekonstruktionen, Datenassimilation durch numerische 3D-Simulationen und Techniken des maschinellen Lernens analysiert werden, wird einen ganzheitlichen Rahmen schaffen und unser Wissen über das derzeitige Verständnis der Dynamik des äußeren Erdkerns hinaus erweitern“, sagt Panovska.
Zur Person
Dr. Sanja Panovska ist seit 2016 Postdoc-Wissenschaftlerin am GFZ, wo sie mit einer Wiedereinstiegsstelle in der Sektion 2.3 Geomagnetismus begann. 2019 wurde sie mit einem GFZ Discovery Fund Fellowship ausgezeichnet. Seit 2023 ist sie leitende Wissenschaftlerin (PI) eines Projektes, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Schwerpunktprogramms (SPP) „DeepDyn“ gefördert wird. Bevor sie zum GFZ kam, war sie Post Doc an der Scripps Institution of Oceanography, University of California San Diego (USA). Sie hat an der ETH Zürich (Schweiz) promoviert und sowohl ein Diplom in Geophysik als auch einen Master of Engineering der Universität Ss. Cyril und Methodius, Skopje (Republik Nordmazedonien). Neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit engagiert sie sich auf vielfältige Weise auch im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit.