Das Ausmaß der Schäden, die durch eine Flut wie das Elbehochwasser des Jahres 2005 entstehen, hängt neben vielen weiteren Faktoren auch davon ab, wie private Haushalte sich zuvor vorbereitet haben. Ein Team aus GFZ-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Sektion Hydrologie hat nun erstmals die Rolle der privaten Vorsorgemaßnahmen innerhalb von Modellen zur Abschätzung von Flutschäden untersucht.
Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger auf Ebene von Städten und Kommunen sind bei der Verteilung von Mitteln für Vorsorgemaßnamen zum Schutz vor Hochwässern auf Modelle angewiesen, über die es möglich ist zu ermitteln, wo welche Maßnahmen den größten Effekt erzielen. Der Faktor der Privatvorsorge ist in diesen Modellen zur Schadensschätzung bisher unzureichend berücksichtigt. Erstautorin Nivedita Sairam hat gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Hochwasserrisiko und Klimaanpassung den Faktor Privatvorsorge genauer betrachtet. Ihre Studie wurde nun in der Fachzeitschrift Earth’s Future veröffentlicht.
Die durch Hochwässer entstehenden Schäden sind über die vergangenen Jahrzehnte immer größer geworden. Ursache sind vor allem gesellschaftliche Faktoren wie ein ansteigender Lebensstandard und das Bevölkerungswachstum: Je mehr Werte durch ein Hochwasser beschädigt oder vernichtet werden und je mehr Menschen betroffen sind, desto größer das Schadensausmaß und die entstehenden Kosten. Dies muss in Modellprognosen für das Hochwasserrisikomanagement berücksichtigt werden, damit geeignete Anpassungsmaßnahmen ermittelt werden können.
Für zwei Flutereignisse aus den Jahren 1993 und 1995 an Maas und Rhein hat das Team gezeigt, dass private Vorsorgemaßnahmen das Schadensausmaß für Wohngebäude um bis zu 50 Prozent senken können. Zu den Maßnahmen privater Vorsorge zählen beispielsweise Kellerabdichtungen, eine Sicherung von Öltank oder Heizungskessel oder auch eine Erhöhung der gesamten Erdgeschossebene.
Die Forschenden haben das Ausmaß der Verluste privater Haushalte sowie Art und Umfang getroffener Vorsorgemaßnahmen durch 948 computergestützte Telefoninterviews betroffener Haushalte in Deutschland ermittelt, und zwar für Hochwässer zwischen den Jahren 2002 und 2013, vor allem im Bereich der Flüsse Elbe und Donau. Das Team hat dann überprüft, inwiefern bestehende Modelle diese privaten Maßnahmen abbilden können.
Von vier getesteten Modellen hat sich dabei das vom Forscherteam entwickelte Modell BN-FLEMOps als das geeignetste erwiesen. Der Name steht für „Bayesian Network Flood Loss Estimation MOdel for the private sector“, zu Deutsch: „auf einem Bayesschem Netz basierendes Hochwasserschadensmodell für den privaten Sektor“. Lediglich zwei der getesteten Modelle konnten überhaupt den Effekt privater Vorsorge abbilden, BN-FLEMOps hat dies im Vergleich mit den real ermittelten Effekten mit der größten Übereinstimmung getan.
Nivedita Sairam: „Um der Realität noch näher zu kommen und um Städte und Gemeinden besser vor Hochwässern schützen zu können, sollten zukünftige Forschungen zu Schadensmodellen den Faktor der privaten Vorsorgemaßnahmen verstärkt berücksichtigen. Beispielsweise können durch den Einsatz von Data-mining-Methoden besonders heterogene Daten wie die von uns durch Telefonbefragungen erhobenen Daten einbezogen werden und so die Modelle verbessern.“ (ak)
Originalstudie: Sairam, N., Schröter, K., Lüdtke, S., Merz, B., Kreibich, H., 2019. Quantifying Flood Vulnerability Reduction via Private Precaution. Earth’s Future. DOI: 10.1029/2018EF000994