Zusammenfassung
Von Erdrutschen werden künftig immer mehr Siedlungen in armen Regionen der Welt betroffen sein, da starke Regenfälle und die informelle Urbanisierung die Hänge in den Tropen destabilisieren. Das haben Ugur Öztürk von Deutschen GeoForschungsZentrum Potsdam GFZ sowie der Universität Potsdam und seine Kolleg:innen von der Universität Potsdam, der University of Bristol, dem Indian Institute of Technology Roorkee und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung modelliert und kürzlich in einem Kommentar im Fachmagazin Nature veröffentlicht.
Hintergrund: Die Gefahr von Erdrutschen
Weltweit kommen bei Erdrutschen jährlich durchschnittlich 4500 Menschen ums Leben. Diese Zahl wird weiter steigen, da angesichts der raschen Verstädterung immer mehr Menschen von Erdrutschen betroffen sind, insbesondere in den tropischen Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.
Eine Ursache: Unkontrollierte Verstädterung
In der Stellungnahme heißt es, dass der Klimawandel die Bedingungen, die zu Erdrutschen führen, zweifelsohne verschlimmern wird. Noch wichtiger ist jedoch, dass die unkontrollierte Verstädterung die Stabilität der Hänge beeinträchtigt, indem Hänge abgetragen oder terrassiert werden, um Platz für Häuser zu schaffen. Solche informellen Baupraktiken machen die Hänge steiler und damit instabiler. Das Entfernen der Pflanzendecke und die Zufuhr von Wasser durch schlechte Entwässerung oder undichte Rohre erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Erdrutschen. Das Gleiche gilt für den illegalen Bergbau und den unzureichend ausgeführten Bau von Infrastrukturen wie Straßen.
Konsequenz für die Vorsorge
Unur Öztürk, der Hauptautor des Artikels, erklärt: „Experten für Katastrophenvorsorge müssen die ‚dynamischen‘ Wechselwirkungen zwischen der natürlichen Umwelt, den Niederschlagsmustern und der informellen Verstädterung unter Berücksichtigung wirtschaftlicher und politischer Ungleichheiten berücksichtigen, um das zunehmende Risiko von Erdrutschen vorherzusagen“, und fügt hinzu: „Prozessbasierte Modelle können dabei helfen, kostengünstige Lösungen mit geringem Risiko zu finden.“
Die Rolle von Modellen am Beispiel von fünf tropischen Städten
In der Studie wurden Daten und Modelle über urbane Erdrutsche und den Klimawandel kombiniert, um wahrscheinliche künftige Hotspots des Erdrutschrisikos in fünf repräsentativen Städten in den Tropen zu ermitteln: Freetown in Sierra Leone, Antipolo und Baguio auf den Philippinen, Port au Prince in Haiti und Bukavu in der Demokratischen Republik Kongo als Fallbeispiele.
Verstädterung als Gefahr auch bei anderen Georisiken
Die Verstädterungsmuster bringen die Menschen nicht nur durch Erdrutsche in Gefahr. In anderen Teilen der Welt weisen die Städte andere Expansionsmuster auf und setzen die Menschen anderen Naturgefahren aus. Fabrice Cotton, Direktor des GFZ für das Thema Georisiken, sagte: „Teheran zum Beispiel dehnt sich in Richtung einer aktiven Bruchlinie aus. Diese nicht sorgfältig geplante Ausdehnung könnte im Falle eines künftigen großen Erdbebens in der Region die Zahl der potenziellen Todesopfer erhöhen.“
Bedeutung übergreifender Katastrophenvorsorge
Cotton unterstützte die Schlussfolgerungen des Artikels und fügte hinzu, dass „alle Beteiligten, wie Wissenschaftler, politische Entscheidungsträger und Praktiker der Katastrophenvorsorge, zusammenarbeiten sollten, um die sozialen, physischen, politischen und wirtschaftlichen Triebkräfte künftiger Gefahren zu verstehen und gemeinsam anzugehen, um die Auswirkungen zu mindern.“
Originalpublikation:
How climate change and unplanned urban sprawl bring more landslides, von Ugur Ozturk, Elisa Bozzolan, Elizabeth A. Holcombe, Roopam Shukla, Francesca Pianosi & Thorsten Wagener, Nature 608, 262-265 (2022), doi: 10.1038/d41586-022-02141-9