51 Institutionen aus 13 Ländern werden in einem Projekt zusammenarbeiten, das mehr als 150 Zugangspunkte – sowohl im Gelände als auch virtuell – für Geodaten sowie Programmier-Lösungen für Hochleistungsrechner vereint. Mit diesem Großprojekt, das im Oktober dieses Jahres im Rahmen des Programms Horizon Europe Infrastructure der Europäischen Union beginnt, soll ein enormer Satz von Geodaten zusammengeführt und interoperabel gemacht werden. Diese Ressourcen sind von entscheidender Bedeutung für die Untersuchung der zeitlichen Veränderungen der festen Erde, für die Vorhersage von Risiko-Kaskaden und für die Analyse des Wechselspiels zwischen der festen Erde einerseits sowie Ozean und Atmosphäre anderseits. Das 16-Millionen-Euro-Projekt wird von den beiden GFZ-Wissenschaftlern Fabrice Cotton und Angelo Strollo koordiniert. Kürzlich wurden die letzten administrativen Schritte, wie z.B. die Unterzeichnung der Zuwendungsvereinbarung, abgeschlossen.
Die heutige Wissenschaft ist bereits in der Lage, auf eine Vielzahl von Daten zurückzugreifen, oft in riesigen Mengen. Die Herausforderung besteht jedoch nicht nur darin, eine solche Ressource optimal zu nutzen, sondern auch darin, sie einer breiteren wissenschaftlichen Gemeinschaft zugänglich zu machen, insbesondere wenn es darum geht, neugier-getriebene Grundlagenforschung zu fördern.
Geo-INQUIRE verspricht ein ehrgeiziges und anspruchsvolles Programm, das die Kapazitäten europaweit tätiger Forscher:innen auf Gebieten wie der Erforschung von Georisiken, der Geoenergie und des Hochleistungsrechnens verbessern und den Zugang zu einer großen Zahl geowissenschaftlicher Observatorien in ganz Europa ermöglichen wird. Mehrere Europäische Forschungsinfrastruktur-Konsortien werden daran teilnehmen, nämlich das Earth Plate Observatory System (EPOS) für Beobachtungen der festen Erde und der Geodynamik, das European Multidisciplinary Seafloor and Water Column Observatory (EMSO) für Tiefsee- und Küstenbeobachtungen sowie ECCSEL für CO2-Abscheidung, -Nutzung, -Transport sowie -Speicherung und Geoenergie.
Geo-INQUIRE-Koordinator Fabrice Cotton, Leiter der GFZ-Sektion Erdbebengefährdung und dynamische Risiken, sagt: „Die Kombination des Zugangs zu einer solchen Vielfalt an Infrastrukturen wird Lücken zwischen den eher forschungsorientierten und den industrienahen Geowissenschaften schließen sowie auch Verknüpfungen zwischen den Sphären Ozean und Festland schaffen.“ Er fügt hinzu: „Meeresbodendaten von Unterseekabeln, Infraschall, seismologische oder geodätische Daten, die für die Forschung an den Übergängen zwischen Meer und Land von entscheidender Bedeutung sind, erfordern einen interoperablen Zugang und die Fähigkeit, sie mit leistungsstarken Computerplattformen zu verbinden.
Geo-INQUIRE wird den Zugang zu Beobachtungsdaten aus neuen Technologien, den Zugang zu einer neuen Generation von Modellen auf dem Gebiet der Georisiken und Georessourcen sowie die Ausbildung von Forschern zur Nutzung dieser Daten, Modelle und Computerplattformen unterstützen. Wir freuen uns, dass dieses Projekt von einer so großen Gemeinschaft unterstützt wird, die ebenfalls großes Interesse zeigt, und wir freuen uns auf die Entdeckungen, die sich aus dem Zugang zu diesen Beobachtungen und Modellen ergeben werden.“
Helle Pedersen von der französischen Forschungsbehörde CNRS, einem der Hauptpartner, unterstreicht das: „Geo-INQUIRE bietet der geowissenschaftlichen Gemeinschaft die Möglichkeit, aufregende neue Daten, Datenprodukte und Dienste zur Verfügung zu stellen und damit neue Fenster zum Inneren der Erde zu öffnen.“
Eine entscheidende Komponente von Geo-INQUIRE sind die Ressourcen, die darauf ausgerichtet sind, diese Daten und die Ausbildung zu ihrer Nutzung für Nachwuchsforscher verfügbar zu machen, im Sinne eines transnationalen Zugangs. Wie Mariusz Majdanski vom Institut für Geophysik der Polnischen Akademie der Wissenschaften, der das für einen Großteil dieser Schulungen verantwortliche Arbeitspaket leitet, erklärt, „kennen die Spezialist:innen die verfügbaren Daten in ihrem Bereich. Um dies voranzutreiben, ist es entscheidend, die Leute zu mischen und ihnen das vorhandene Potenzial zu zeigen, das in verschiedenen Gruppen genutzt werden kann, um interdisziplinäre Verbindungen zu schaffen.“ Dies ist eine große Chance für andere Zentren, einschließlich der Helmholtz-Zentren, sowie für Universitäten in ganz Europa, damit Forschende, insbesondere Nachwuchswissenschaftler:innen, Zugang zu einer vielfältigen und umfassenden Palette von Datensätzen und Werkzeugen sowie die erforderliche Ausbildung zu deren Nutzung erhalten.
Zu den Mitgliedern des Geo-INQUIRE-Projekts gehören mehrere assoziierte Mitglieder, nämlich das University College London und die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich, die von ihren eigenen nationalen Behörden unterstützt werden. Stefan Wiemer von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich fasst die Bedeutung solcher Partnerschaften für die europäische Wissenschaft zusammen: „Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Wissenschaftler:innen und Dienste in ganz Europa eng miteinander verbunden sind und Daten und Wissen offen und frei austauschen. Dies ist im Bereich der Geowissenschaften besonders wichtig, da Naturkatastrophen nicht an nationalen Grenzen Halt machen.“
Geo-INQUIRE beginnt am 1. Oktober 2022.
Wissenschaftliche Kontakte:
Prof. Fabrice Cotton (Projektkoordinator)
Leiter der GFZ-Sektion Erdbebengefährdung und dynamische Risiken, Direktor des Topics 5 „Ruhelose Erde“ im Helmholtz-Programm „Erde im Wandel – Unsere Zukunft sichern“
Email:fabrice.cotton@gfz-potsdam.de
Dr. Angelo Strollo (Projektdirektor)
Arbeitsgruppenleiter in der GFZ-Sektion Seismologie
Email: angelo.strollo@gfz-potsdam.de
Dr. Kevin Fleming (Projectmanager)
Wissenschaftler in der GFZ-Sektion Erdbebengefährdung und dynamische Risiken
Email: kevin.fleming@gfz-potsdam.de