Neue internationale Großstudie kombiniert Satelliten- und Bodendaten
Natürliche Kohlenstoffspeicher werden bei der Weltklimakonferenz „COP28“ in den Vereinigten Arabischen Emiraten eine große Rolle spielen. Nach Ozeanen und Böden sind Wälder die größten „Senken“ für Kohlenstoff, sprich: Sie nehmen enorm viel Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf. Wie viel genau das ist und wie viel mehr es bei besserem Waldmanagement sein könnte, ist eine schwierige Frage. In einer aktuellen Studie im Fachjournal „Nature“ stellt ein Team von mehr als zweihundert Forschenden weltweit neue Abschätzungen des Speicherpotenzials vor. Die Koordination lag bei der ETH Zürich, wichtige methodische Beiträge steuerte das GFZ bei.
Der Studie zufolge könnten Wälder im Idealfall 328 Milliarden Tonnen (Gigatonnen, kurz Gt) Kohlenstoff aufnehmen. Da viele Waldgebiete mittlerweile jedoch für Landwirtschaft und als Siedlungsfläche genutzt werden, verringert sich das Potential auf 226 Gt. 139 Gt davon (61%) könnten allein durch den Schutz bestehender Wälder erreicht werden. Die restlichen 87 Gt (39%) ließen sich realisieren, indem bislang zerstückelte Waldlandschaften wieder vernetzt und nachhaltig bewirtschaftet werden.
Wälder unter Druck
Vergangene Studien, die allerdings stark auf statistischen Auswertungen und Hochrechnungen basierten, waren zu Ergebnissen in ähnlicher Größenordnung gekommen. Zum Vergleich: Dem Speicherpotenzial von 226 Gt stehen jährliche Emissionen von knapp 11 Gt Kohlenstoff (umgerechnet 40 Gt Kohlendioxid) gegenüber.
Statt allerdings Wälder zu schützen und nachhaltig zu bewirtschaften, schreitet die Entwaldung weltweit voran. Hinzu kommt der nahezu ungeminderte Ausstoß von Treibhausgasen, der die globale Erwärmung beschleunigt und damit die Wälder noch mehr unter Druck setzt.
Methodik
Um zu den Ergebnissen zu gelangen, verknüpften die Forschenden Satellitendaten mit Erhebungen zum Zustand der Wälder und zur Biomasse, die vom Boden aus gemacht wurden. Sie integrierten außerdem Angaben zur Kohlenstoffspeicherung in Waldböden mit Totholz, Laub und anderer Biomasse. „Das neue Papier basiert auf viel besseren Daten und bietet in diesem Sinne eine bessere Quantifizierung des Potenzials als bisherige Arbeiten“, sagt Martin Herold, einer der Koautoren der Studie. Der Leiter der GFZ-Sektion Fernerkundung und Geoinformatik betont, wie wichtig es sei, „systematisch satelliten- und bodengestützte Kohlenstoffmessungen miteinander zu kombinieren, was neue Wege zum Verständnis der weltweiten Kohlenstoffbestände und -potenziale eröffnet“.
GFZ weltweit wichtiger Partner bei Kohlenstoffbilanzen
Die weltraumgestützte Biomasseanalyse stammt hauptsächlich vom GFZ, das allerdings auch mit Bodendaten als Teil eines globalen Netzwerks beigetragen hat. Martin Herold: „Das GFZ hat in der Vergangenheit viel in solche integrierten Erhebungen investiert und wird das auch in der Zukunft tun. Unsere starken Überwachungsinfrastrukturen machen uns zu einem ausgezeichneten und weltweit sichtbaren Partner bei solch wichtigen globalen Analysen zu Schlüsselfragen wie eben der Frage, wie wir unsere Kohlenstoffvorräte im Hinblick auf Klima und Nachhaltigkeit am besten verwalten können.“
Dahinter stehen auch strategische Fragen des GFZ: Wie können wir Veränderungen auf unserem dynamischen Planeten am besten überwachen und quantifizieren? Wie können wir unser Verständnis von Georessourcen verbessern und sie nachhaltig nutzen?
Originalstudie: Lidong Mo, Constantin M. Zohner et al.: Integrated global assessment of the natural forest carbon potential (Nature, 2023); https://doi.org/10.1038/s41586-023-06723-z
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