Anlässlich des 'Internationalen Tages der Menschen mit Behinderungen' am heutigen 3.Dezember und der Purple Light Up Kampagne 2022 haben wir uns bei betroffenen Kollegen und Kolleginnen umgehört. Wo steht das GFZ, welche Arbeitsbedingungen finden sie vor, wie geht es ihnen persönlich? Ihre interessanten An- und Einsichten finden Sie hier folgend. Wir möchten an dieser Stelle nochmals allen Mitwirkenden für die offenen Worte danken! Und allen Leser:innnen danken wir für das Verständnis, dass einige unserer Interview-Partner:innen lieber anonym teilnehmen wollten.
Interviews:
- Sind Sie durch Ihre Behinderung im Arbeitsalltag beeinträchtigt?
GFZ-Kollege/Kollegin (1): Nein, ich fühle mich nicht beeinträchtigt, außer dass ich nicht der/die „schnellste Schreiber:in“ bin. Das ist für meine Arbeit aber unwesentlich.
Michael Gabriel, Sektion 3.2: Ja. Ich kann aufgrund meiner gesundheitlichen Situation häufig nicht die volle Leistung erbringen. Das „nervt“ nicht nur mein Umfeld, sondern vor allem mich. Außerdem sind krankheitsbedingte Fehltage natürlich auch höher als bei den „Gesunden“.
GFZ-Kollege/Kollegin (3): Ja, streckenweise bin ich nicht arbeitsfähig.
- Wie haben die Corona-Zeit und die daraus resultierenden Veränderungen Ihre Arbeitsbedingungen beeinflusst/verändert?
GFZ-Kollege/Kollegin (1): Ich arbeite lieber im GFZ, bei Bedarf nehme ich aber auch die Möglichkeit Home-Office wahr.
Michael Gabriel, Sektion 3.2: Home-Office war ja zeitweise die priorisierte Arbeitsform. Nur im Home-Office zu sein war für mich sehr anstrengend, da auch die persönliche Interaktion mit der Arbeitsgruppe fehlte. Inzwischen hat sich die Arbeitssituation weitestgehend normalisiert und weiter entwickelt hin zu flexiblerer Arbeitseinteilung. Für mich als Schwerbehinderter ist das eine erfreuliche Entwicklung. Wenn ich gesundheitlich stärker eingeschränkt bin, kann ich im Home-Office trotzdem weiter arbeiten ohne gleich ganz auszufallen.
GFZ-Kollege/Kollegin (3): Die Coronazeit hat meine Arbeitsbedingung deutlich negativ beeinflusst, da ich mit dem digitalen Arbeiten schwer zurechtkomme und es mich extrem ermüdet und verunsichert.
- Wo finden Sie bessere Bedingungen: zuhause oder hier am GFZ?
GFZ-Kollege/Kollegin (1): Am GFZ, insbesondere wegen der besseren Kommunikation zu Kolleginnen und Kollegen und der besseren Büroausstattung.
Michael Gabriel, Sektion 3.2: Das hängt von meiner gesundheitlichen Situation ab. Als Ingenieur bin ich eher am GFZ anzutreffen als zuhause. Beides ist für mich gleich gut.
GFZ-Kollege/Kollegin (3): Ich habe gleichwertige Arbeitsbedingungen zuhause und am GFZ.
- Welche Rolle spielt der Arbeitsweg?
GFZ-Kollege/Kollegin (1): Mein Weg ist ca. 15 - 20 Minuten lang. Der Arbeitsweg spielt für mich keine große Rolle. Durch flexible Arbeitszeiten bzw. Home-Office kann ich Verkehrsstoßzeiten umgehen. Mit Rad ist das sowieso kein Thema.
Michael Gabriel, Sektion 3.2: Der Arbeitsweg ist eher nebensächlich.
GFZ-Kollege/Kollegin (3): Zu Zeiten, in denen es mir schlecht geht, ist der Arbeitsweg kaum zu bewältigen.
- Wo gibt es am Arbeitsplatz Ihres Erachtens immer/häufig noch Verbesserungsmöglichkeiten? Was sind und bleiben nach wie vor Hürden?
GFZ-Kollege/Kollegin (1): Für mich sehe ich derzeit keine Verbesserungsmöglichkeiten oder Hürden. Allerdings sollte die Geowunderwerkstatt/das Schülerlabor behindertengerecht ausgebaut werden, damit auch Integrationsklassen aufgenommen werden können.
GFZ-Kollege/Kollegin (3): Ein Einzelbüro wäre sinnvoll, um Lärmbelastungen und Ablenkung zu vermeiden.
- Fühlen Sie sich am Arbeitsplatz in irgendeiner Weise benachteiligt?
GFZ-Kollege/Kollegin (1): Nein, ich fühle mich nicht benachteiligt.
Michael Gabriel, Sektion 3.2: Manchmal schon. Aufgrund meiner Behinderung bin ich nicht uneingeschränkt belastbar. Das führt dann manchmal dazu, dass mir zu wenig zugetraut wird oder ich in bestimmten Situationen übergangen werde.
GFZ-Kollege/Kollegin (3): Nein.
- Tut das GFZ aus Ihrer Sicht alles, um Menschen mit Behinderung den Berufseinstieg zu ermöglichen? Bekommen Sie da etwas mit (Austausch mit anderen Menschen mit Behinderung)?
GFZ-Kollege/Kollegin (1): Das kann ich nicht so gut beurteilen, aber die Schwerbehindertenvertretung und die Personalabteilung sind sehr aktiv, um Menschen mit Behinderung den Berufseinstieg zu ermöglichen.
Michael Gabriel, Sektion 3.2: Das GFZ tut viel, aber es gibt auch reichlich Luft nach oben. Als stellvertretende Schwerbehindertenvertretung (SBV) habe ich einen guten Überblick über die Stellenbesetzungen. Da wünsche ich mir mehr Mut bei den Verantwortlichen schwerbehinderte Bewerber:innen auch wirklich einzustellen. Insgesamt sollte das GFZ als (für Menschen mit Behinderung) attraktiver Arbeitgeber mehr in Erscheinung treten. Inklusion muss gelebt werden und nicht nur auf der Agenda stehen.
GFZ-Kollege/Kollegin (3): Ich habe bei meiner Einstellung offen kommuniziert, dass ich schwerbehindert bin und habe den Eindruck, dass das GFZ mir auf vorbildliche Weise den Wiedereinstig ermöglicht hat.
- Welche konkreten Maßnahmen wünschen Sie sich für Menschen mit Behinderung in den kommenden Jahren? Was wären Ihre drei wichtigsten Punkte, wenn Sie den Hut aufhätten und gestalten könnten?
GFZ-Kollege/Kollegin (1): Für mich ist es der behindertengerechte Ausbau der Geowunderwerkstatt / des Schülerlabors, damit auch Integrationsklassen aufgenommen werden können.
Michael Gabriel, Sektion 3.2: Da die Anzahl an Bewerbungen leider zu gering ist, sollten Menschen mit Behinderung bevorzugt eingestellt werden, selbst wenn „gesunde“ Menschen besser qualifiziert sind. Neben der Frauenquote also auch eine Quote für Menschen mit Behinderung.
GFZ-Kollege/Kollegin (3): Ich wünsche mir vor allem die Möglichkeit, noch offener kommunizieren zu können, ohne Vorurteile, Diskriminierung und vor allem Spekulationen erwarten zu müssen. Und ich wünsche mir die ehrliche Gleichstellung insbesondere von geistig- wie psychisch Behinderten im Arbeitsalltag. Auch Schulungen für Führungskräfte im Umgang mit Behinderungen am Arbeitsplatz, wären hilfreich, um falsche Erwartungen und Vorurteile auszuräumen.
Die Fragen stellten Uta Deffke und Jana Kandarr (beide ÖA).
Weitere Infos zur Purple Light Up Kampagne:
Die 2017 durch PurpleSpace-Gründerin Kate Nash eingeführte globale Kampagne setzt am 3. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung, rund um die Welt ein sichtbares Zeichen. Symbolisch wird die Farbe Lila in unterschiedlichen Aktionen verwendet. #PurpleLightUp macht auf die ökonomische Selbstbestimmung, wirtschaftliche Teilhabe und den Beitrag von Menschen mit Behinderung aufmerksam.