Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Kleinsatellit PRETTY erfolgreich gestartet

Die Demonstratormission soll zeigen, was diese Art von Kleinsatelliten leisten kann. Die Messungen zur GNSS-Reflektometrie können unter anderem sehr exakt See-, Gletschereis- und Wellenhöhen anzeigen.

Vom Raumfahrtzentrum der ESA aus bei Kourou in Französisch-Guyana wurde am 9. Oktober 2023 der Kleinsatellit PRETTY (Passive REflectomeTry and DosimeTrY) mit einer europäischen VEGA-Rakete erfolgreich gestartet. Neben zwei größeren Erdbeobachtungssatelliten Theos-2 (Thailand) und Triton (Taiwan) konnten auch acht zusätzliche Kleinsatelliten, sogenannte CubeSats erfolgreich in eine polare Umlaufbahn in rund 565 Kilometern Höhe über der Erde gebracht werden.

Das GFZ ist dabei an der Kleinsatellitenmission PRETTY (3U-CubeSat) im Rahmen eines ESA-Projektes als Teil des Wissenschaftsteams zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR, dem spanischen Weltraum­institut IEEC und der Universität NTNU Trondheim beteiligt. PRETTY ist mit einem speziellen GNSS-Reflektometrie-Empfänger ausgestattet, mit dem Höhen von Wasser- und Eisoberflächen bestimmt werden können. Erstmals soll die Qualität derartiger Messungen von sehr kleinen Satellitenplattformen getestet werden, um zukünftige kostengünstige Mehrsatellitensysteme für die Erdbeobachtung zu ermöglichen.

„Der Satellit wird unter anderem Messungen zur GNSS-Reflektometrie durchführen, die uns dann sehr exakt See-, Gletschereis- und Wellenhöhen anzeigen.«, erläutert Prof. Jens Wickert, der am GFZ Hauptverantwortlicher der Mission ist. Zudem werden die Dosimeter an Bord die Strahlendosis im Weltraum messen. Dies wird der Überwachung des Weltraumwetters dienen.

Die Mission PRETTY wird viele neue Erkenntnisse bringen: Als Demonstrator-Mission angelegt, wird sie zeigen, was diese Art von Klein­satelliten samt ihrer kompakten Sensorik potenziell leisten kann. Der Hauptzweck der Reflektometer-Nutzlast an Bord von PRETTY ist der Nachweis technischer Machbarkeit. Denn diese sogenannten CubeSats − nur ca. 10x10x34,05cm große Satelliten − werden als eine wichtige Zukunftsoption der Erdbeobachtung gehandelt, da sie als kostengünstige Kleinsatelliten GNSS-Technik und andere kleine Sensoren zur Erdbeobachtung an Bord haben können.

Zur GNSS-Reflektometrie

Die Abkürzung GNSS steht für Globales NavigationsSatellitenSystem. Der Begriff GNSS-Reflektometrie (GNSS-R) fasst verschiedene Fernerkundungsmethoden zusammen, bei denen von Wasser-, Eis- oder Landoberflächen reflektierte Signale von Navigationssatelliten aufgezeichnet und ausgewertet werden. Daraus lassen sich wichtige geophysikalische Eigenschaften dieser Oberflächen ableiten, so zum Beispiel die geometrische Höhe, Bodenfeuchte oder auch Rauigkeit, die wiederum Rückschlüsse auf die Windgeschwindigkeit und -richtung über Wasseroberflächen zulässt. Das Spektrum der Anwendungen ist sehr vielfältig und reicht von der Wettervorhersage bis hin zur Klimaforschung.

Auswertung der Daten auch mit Künstlicher Intelligenz (KI)

Die technischen Teilsysteme des Satelliten werden derzeit ausgiebig getestet, wozu die ersten Daten genutzt werden, die von PRETTY empfangen wurden. Die wissenschaftlichen GNSS-Reflektometriemessungen sind in Vorbereitung, erste Experimente werden gegen Ende des Jahres durchgeführt.

Die Auswertung der Daten von Kleinsatelliten ist eine große Herausforderung, da diese Plattformen über begrenzte technische Möglichkeiten im Vergleich zu größeren Satelliten verfügen. Trotzdem sollen geophysikalische Beobachtungen von möglichst hoher Qualität durchgeführt werden. Um die Daten optimal auszuwerten, werden auch Methoden der künstlichen Intelligenz eingesetzt. Dr. Milad Asgarimehr vom GFZ und der TU Berlin ist Teil des PRETTY-Teams und mitverantwortlich für die Entwicklung von KI-Systemen zur Datenauswertung. Er ist auch Leiter des Helmholtz-KI-Projekts "AI4GNSS-R“ zur Entwicklung von neuen AI-Methoden für die GNSS basierte Erdbeobachtung mit der GNSS-Reflektometriemethode und nutzt dabei auch Daten anderer Satelliten, wie denen der U.S. amerikanischen CYGNSS-Mehrsatellitenmission.

AI4GNSS-R zielt auf die Umsetzung von Deep Learning für neuartige Fern­erkundungsdatenprodukte, die auf weltraumgestützten GNSS-R-Messungen basieren. Dazu gehören beispielsweise qualitativ hochwertige Daten zur Windgeschwindigkeit an der Meeresoberfläche, insbesondere bei extremen Windverhältnissen, wie sie bei Hurrikanen herrschen, und auch Niederschlägen über ruhigeren Ozeanen, die ebenfalls mit GNSS-Signalen gemessen werden können.
 

Weitere technische Details:

  • Größe: Der Kleinsatellit PRETTY ist 10 cm × 10 cm × 34,05 cm groß.
     
  • Energieversorgung: Die ausklappbaren Solarpanele haben eine Fläche von jeweils 30x20 Zentimetern und versorgen den Satelliten mit einer Leistung von durchschnittlich 24 Watt.
     
  • Masse und Umlaufbahn: 4,6 Kilogramm, polaren Umlaufbahn mit 565 Kilometer Höhe.
     
  • Datenrate: PRETTY kommuniziert mit Datenraten bis 2 Mbit/s; der Betrieb des Satelliten wird mit einer Bodenstation der TU Graz durchgeführt.
     
  • Entwickelt wurde PRETTY wird von Beyond Gravity Austria (Konzept und Software System) in Kooperation mit der ESA, Seibersdorf Laboratories (Dosimeter) und der TU Graz (Satellitenbus). GFZ ist Teil eines internationalen wissenschaftlichen Konsortiums (PRETTY-Science) zur Auswertung der GNSS-Reflektometriedaten und vertraglich in das Projekt eingebunden.
     
  • Dauer: Die Mission ist auf mindestens ein Jahr ausgelegt. PRETTY wird nach Missionsende auf natürliche Weise wieder in die Erdatmosphäre eindringen und verglühen. Analysen zeigen, dass dies nach spätestens 25 Jahren eintreten wird. Der Satellit entspricht den ESA- und UN-Richtlinien zur Minimierung von Weltraumschrott.

 

Quellen:

Topic 2: Ozeane und Kryosphäre im Klimawandel

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