In erdbebengefährdeten Küstenregionen wird die Landschaft durch die kombinierten Kräfte von Wellenerosion und Gesteinsverformung geprägt. Die von den Wellen geschaffenen Plateaus können mit der Zeit langsam aus dem Wasser gehoben werden und zu Meeresterrassen werden. Diese flachen Gebiete – an den ansonsten gebirgigen Küsten – sind meist wertvolles Land für die Landwirtschaft und die Stadtentwicklung. Auch für Geologinnen und Geologen enthalten die Meeresterrassen wertvolle Informationen, etwa zum Stand des Meeresspiegels in vergangenen Zeiten oder auch zur Geschwindigkeit der Verformung des Gesteins durch plattentektonische Prozesse (die zu Erdbeben führen können).
Wissenschaftler:innen werden daher eine außergewöhnliche Landschaft mit zahlreichen dieser Meeresterrassen, deren Alter vermutlich zwischen einigen tausend und einer Million Jahren liegt, in Zentraljapan erforschen: die Halbinsel Noto sowie die Insel Sado. An einigen Küstenabschnitten gibt es keine Meeresterrassen, an anderen dagegen viele. Dies geht einher mit unterschiedlichster Wellenkraft, die die Küste erreicht, und auch unterschiedlichen Raten der Felshebung. Ziel des Projekts ist es nun, zu verstehen, wie diese unterschiedlichen Wellenbedingungen und die Gesteinsverformungen die Entstehung von Meeresterrassen fördern oder verhindern können.
Um die Verbreitung und Häufigkeit von Meeresterrassen sowohl auf diesen Inseln wie auch weltweit untersuchen zu können, werden die Forscher:innen ein numerisches Modell entwickeln, das die Wellenerosion und die Landschaftsentwicklung simuliert. Sie werden das Alter der Meeresterrassen datieren, um die historische Landschaftsentwicklung vor Ort zu verstehen, und das Modell mit Lumineszenzdatierungs-Techniken kalibrieren.
Diese Studie wird zu einem tieferen Verständnis des tektonischen Signals und des Meeresspiegel-Signals führen, welches Meeresterrassen auf der ganzen Welt im Verborgenen enthalten. Die Forschung wird dazu beitragen, die lokale Historie der tektonischen Verformung und die damit verbundene Erdbebengefahr zu erklären. Sie wird darüber hinaus zusätzliche Hinweise auf die Veränderungen des Meeresspiegels durch die Klimabedingungen, die in der Vergangenheit herrschten, geben.
Die Feldarbeit wird gemeinsam von Luca Malatesta (GFZ) und Sumiko Tsukamoto (Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik, LIAG) geleitet. Die numerische Modellierung wird hauptsächlich am GFZ entwickelt, während die Lumineszenzdatierung im Labor des LIAG stattfinden wird. Demnächst werden sich zwei Nachwuchswissenschaftler:innen dem Projekt, welches von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert wird, anschließen.