25 + 2 Jahre Internationales Kontinentales Bohrprogramm ICDP
Ende Juli war das GFZ Gastgeber der IV. „International Conference of Continental Scientific Drilling: ICDP in the Second Quarter of its First Century“ mit 139 Teilnehmenden aus 23 Ländern.
2021 konnte das ICDP sein 25-jähriges Bestehen Corona-bedingt nicht feiern. Nun wurden Highlights der letzten Jahre vorgestellt und die zukünftige wissenschaftliche und programmatische Ausrichtung des internationalen Forschungsbohrprogramms ICDP diskutiert, das vor 27 Jahren vom GFZ federführend mitinitiiert wurde.
Warum Wissenschaftliches Bohren?
Ob die Entstehung von Erdbeben und Vulkanausbrüchen, der Ablauf von Klima- und Umweltänderungen über viele Jahrtausende, die Entstehung und Gewinnung von Georessourcen für eine nachhaltige Energieversorgung (Geothermie, Rohstoffe), oder die Entstehung der Kontinente und des Lebens: „Ohne Proben direkt aus der Tiefe und Messungen untertage sind zentrale Fragen der Geowissenschaften nicht lösbar. Forschungsbohrungen sind unser Teleskop in die Erde.“ Das sagt Marco Bohnhoff, am GFZ Leiter der Sektion „Geomechanik und Wissenschaftliches Bohren“ und Professor für experimentelle und Bohrlochseismologie an der Freien Universität Berlin.
Bohnhoff ist zugleich Direktor des Internationalen Kontinentalen Wissenschaftlichen Bohrprogramms ICDP. Diese internationale geowissenschaftliche Infrastruktur ermöglicht landgestützte Forschungsbohrungen zu verschiedenen grundlagen- und anwendungsorientierten Schlüsselfragestellungen.
Wissenschaftliches Bohren: Kernkompetenz des GFZ
In ihrem Grußwort zur Eröffnung dieser seit 1993 bereits vierten in Potsdam ausgerichteten ICDP-Konferenz unterstrich die Wissenschaftliche Vorständin des GFZ, Susanne Buiter, die federführende Rolle des GFZ bei wissenschaftlichen Landbohrungen und avisierte auch die zukünftige Unterstützung des ICDP durch das GFZ. Sie würdigte auch die gemeinsamen Wurzeln von GFZ und ICDP.
Magdalena Scheck-Wenderoth, Direktorin von Department 4 „Geosysteme“, wies auf die Rolle des wissenschaftlichen Bohrens zur Beantwortung gesellschaftlich relevanter Fragestellungen hin. Und sie betonte die Bedeutung des ICDP für das von ihr geleitete GFZ-Department. Das Thema Forschungsbohrungen ist nicht nur in der Sektion 4.2 „Geomechanik und Wissenschaftliches Bohren“ verankert, sondern insgesamt Schlüsselkompetenz mit weitreichendem Engagement auch der anderen Sektionen des Departments.
Die Tagung
Eingeladene Gäste der Konferenz waren Projektverantwortliche abgeschlossener, laufender und zukünftiger ICDP-Forschungsbohrungen, Mitglieder der ICDP-Gremien, sowie etwa 30 gezielt ausgewählte internationale Nachwuchsforschende.
Das Tagungsprogramm gliederte sich in neun Sitzungen mit einer Mischung aus Beiträgen zu den vier Kern-Forschungsthemen des ICDP (Entstehung der Kontinente und des Lebens, Geogefahren, Georesourcen, Klimawandel) mit Übersichten zum Erreichten und Kurzvorträgen zu neuen Vorhaben und Projekten, sowie fünf ‚Cross-Topics‘ zur zukünftigen Ausrichtung des ICDP-Programms, Finanzierung großer Bohrprojekte, Organisation der OSG, großer neuer Forschungsinitiativen mit ICDP-Bezug, Outreach-Aktivitäten mit Schwerpunkt Einbindung Nachwuchsforschender.
Die Zukunft von Forschungsbohrungen an Land
Beim ICDP-Schwerpunktthema ‚Georesourcen‘ wird zukünftig Hochtemperatur-Geothermie eine wichtige Rolle spielen und ein weiterer Fokus auf der Erforschung der Genese von Selten Erden und Edelmetallen liegen. Bei ‚Geogefahren‘ sollen Multikomponenten-Sensoren in der Tiefe zum Einsatz kommen und Langzeitbeobachtungen – etwa von Erdbebenzonen und Vulkanen – im Zentrum stehen. Beim Thema ‚Dynamik der Kontinente‘ stehen gegenwärtig Projekte zum Übergang von der Erdkruste zum Erdmantel sowie die frühe Entwicklung der Erde und des Lebens im Mittelpunkt. Schließlich stehen beim Thema ‚Klimawandel‘ ostafrikanische Umweltarchive in den großen Seen weltweit und die integrierte Analyse bestehender Daten diverser Projekte im Mittelpunkt.
Hintergrund
ICDP: Bilanz der ersten 25+ Jahre
Seit seiner Gründung wird das weltweit operierende ICDP von Potsdam aus koordiniert, dabei wurden bereits 67 Bohrprojekte gefördert, die zusammengerechnet über 100 km erbohrt und dabei einmalige Proben und Daten zutage gefördert haben, um wichtige Fragen zu den Themen Georisiken, Klima- und Umweltänderungen, Georessourcen und Entstehung der Kontinente und des Lebens zu beantworten. Die gesellschaftliche Relevanz dieser Fragen ist für die Förderung wissenschaftlicher Bohrprojekte durch das ICDP von großer Bedeutung.
Über das Internationale Kontinentale Bohrprogramm ICDP
Das ICDP ist die internationale geowissenschaftliche Infrastruktur, die landgestützte Forschungsbohrungen zu verschiedenen grundlagen- und anwendungsorientierten Schlüsselfragestellungen ermöglicht. Das Bohrprogramm wurde 1996 von Deutschland, den USA und China in Potsdam gegründet und ist seitdem am Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ beheimatet.
22 Länder, von den USA über Deutschland, China und Island sind ebenso wie die UNESCO Mitglied im ICDP. Jedes Land wird dabei durch eine wissenschaftliche Einrichtung vertreten. Seit der Gründung des ICDP im Jahr 1996 ist dessen Entwicklung eng mit dem GFZ verbunden. Das GFZ fördert zusammen mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG, die ICDP-Mitgliedschaft Deutschlands und finanziert die Operational Support Group, OSG, die vom „GFZ-Zentrum für Wissenschaftliches Bohren“ aus operiert. Die OSG besteht aus einem Team von Wissenschaftler:innen, Ingenieur:innen sowie Techniker:innen, die die Projektplanung und das Management von ICDP-Projekten unterstützen. Sie kümmern sich um das Management der bei einem Bohrprojekt erhobenen Daten, führen Bohrlochmessungen durch, stellen Geräte für Bohrkernuntersuchungen bereit, beraten bei der Durchführung von Bohrprojekten und führen Trainingsmaßnahmen durch.
Neue GFZ-Schwerpunktseite Wissenschaftliches Bohren
Wissenschaftliches Bohren ist eines der Schwerpunktthemen des GFZ in diesem Jahr 2023.
Wir haben Wissenswertes dazu auf einer neuen Schwerpunkt-Website zusammengetragen:
https://www.gfz-potsdam.de/presse/spotlights/wissenschaftliches-bohren-teleskop-ins-erdinnere
Wissenschaftlicher Kontakt: