Friedhelm von Blanckenburg, langjähriger Leiter der Sektion „Geochemie der Erdoberfläche“ und Professor an der Freien Universität Berlin, wurde am 29. September nach 15 Jahren am Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ feierlich verabschiedet und mit einem wissenschaftlichen Kolloquium geehrt. Er blickt auf eine lange und erfolgreiche wissenschaftliche Karriere zurück.
Verdienste um das GFZ
Die Wissenschaftliche Vorständin des GFZ, Susanne Buiter, würdigte in ihrer Rede auf dem Kolloquium die vielfältigen Verdienste von Blanckenburgs – von den wissenschaftlichen Highlights seines engeren Fachgebiets über den Einfluss auf andere Disziplinen, sein Engagement für die wissenschaftliche Community und die Wissenschaftskommunikation, und ganz besonders für das GFZ:
„Friedhelm von Blanckenburg gründete die Sektion 3.3 „Geochemie der Erdoberfläche“ und brillierte mit wissenschaftlichen Ergebnissen. Seine Publikationsliste spricht für sich. Er zog auch erfolgreiche Talente an, die ERC Grants gewannen und in exzellenten Journalen publizierten – und er wird uns mit seinem eigenen ERC Grant verlassen und nach seiner Pensionierung weiter mit uns arbeiten. Er leitete die Helmholtz-Rekrutierungsinitiativen für das GFZ für zwei sehr erfolgreiche Kolleg:innen, Niels Hovius und Liane Benning. Und er gründete das HELGES-Labor, das sich zu einem weltweit anerkannten Labor entwickelt hat. Friedhelm von Blanckenburg war fünf Jahre lang Helmholtz-Topic-Sprecher für „Erdoberfläche und Klima“ am GFZ. Er koordinierte das European Initial Training Network IsoNose zur Ausbildung von Doktorand:innen und war Mitglied des Helmholtz Think Tank.
Deshalb möchte ich nur noch zwei Worte hinzufügen: Herzlichen Dank!“
Das HELGES Labor
Am GFZ baute Friedhelm von Blanckenburg das inzwischen weltweit renommierte HELGES Labor auf. Es dient der Analyse sowohl kosmogener Nuklide als auch stabiler Isotope von Metallen und Metalloiden. Letztere werden genutzt, um die gewaltigen biogeochemischen Stoffflüsse an der Erdoberfläche – vom Gestein über Boden in Pflanzen, in Flusswasser und letztendlich in die Ozeane zu verfolgen und zu quantifizieren.
Wissenschaftliche Highlights
Die Isotopengeochemie und Massenspektrometrie gehören zu den Hauptforschungsgebieten von Friedhelm von Blanckenburg. So initiierte er beispielsweise auch eine der ersten Arbeiten zur Fraktionierung von Isotopen in Pflanzen. Die Arbeit führte zur Entwicklung von neuen Methoden, die wichtige Erkenntnisse zu den Wechselwirkungen zwischen Biosphäre und Geosphäre erst möglich machten. So lässt sich damit unter anderem geochemisch quantitativ genau der Einfluss von Vegetation und Erosion auf die Verwitterung von Gesteinen bestimmen.
Seine meistzitierte Publikation (ca. 1700 Zitierungen) beinhaltet ein tektonisches Modell der Entwicklung von Kollisionsgebirgen anhand der Genese von Plutonen.
Kosmogene Nuklide
Erste Arbeiten über kosmogene Nuklide entstanden während seiner Postdoc-Tätigkeit an der University of Cambridge (1991-1996). Diese Arbeiten eröffneten nach und nach ganz neue Möglichkeiten. Ab 1997, als Privatdozent in Bern, entwickelte er die Methode, um 10Beryllium-Isotope in Quartz-Mineralen „in situ“ messen zu können, erheblich weiter. In dieser Zeit war diese Methode noch weitestgehend unbekannt. Devendra Lal, ein indischer Geophysiker, war der Wegbereiter und hatte nur wenige Jahre zuvor seinen grundlegenden Artikel über die Quantifizierung von Erosionsraten mittels in situ 10Beryllium-Isotopen veröffentlicht. Von Blanckenburg war praktisch von Anfang an dabei, kosmogene Nuklide als quantitativen Tracer der Erdoberfläche zu entwickeln.
Seine Arbeiten halfen auch der Geomorphologie, vor allem beim Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Klima, Tektonik, und Erosion. Von Blanckenburg entwickelte zudem Paleo-Ozean-Zirkulationsmodelle basierend auf Messungen des Verhältnisses von kosmogenen 10Beryllium-Isotopen zu stabilen 9Beryllium-Isotopen in Eisen-Mangankrusten.
Weitere wissenschaftliche Interessen
Die wissenschaftlichen Interessen Friedhelm von Blanckenburgs gingen aber über die Geowissenschaften hinaus. Während seiner Zeit als Professor in Hannover begann er Eisenisotope für neuartige Anwendungen im Bereich der Medizin und der Pflanzenökologie zu nutzen. So hat er mit einem Kollegen der ETH Zürich Eisenisotope im menschlichen Blut erforscht. In seinen Arbeiten konnte er beispielsweise erstmals zeigen, dass sich die Isotopenverhältnisse des Eisens entlang der menschlichen Nahrungskette verschieben.
Einsatz für die wissenschaftliche Community
Friedhelm von Blanckenburg war und ist in vielen Gremien aktiv: Fünf Jahre lang war er Sprecher für das „Helmholtz Topic Erdoberfläche und Klima“ und engagierte sich unter anderem im Europäischen Trainingsnetzwerk IsoNose. Als Chefredakteur der Fachzeitschrift „Elements“ (2016-2018) sowie als Mitglied des Editorial Board für das „American Journal of Science“ brachte er seine wissenschaftliche Expertise ein. Auch heute gestaltet er als Vizepräsident (und bis 2022 als Präsident) der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft deren Arbeit maßgeblich mit.
Friedhelm von Blanckenburg wirkte maßgeblich am 2022 erschienenen „Leopoldina Zukunftsreport Wissenschaft: Erdsystemwissenschaft – Forschung für eine Erde im Wandel“ mit. Gemeinsam mit den drei anderen Hauptautoren betonte er hier den Veränderungsbedarf in vielen Bereichen der Erdsystemwissenschaft, etwa bei der systemischen Betrachtung der Geowissenschaften, bei Big Data oder in der universitären Lehre. GFZ-Vorständin Susanne Buiter nahm diesen wichtigen Impuls während ihrer Rede beim Abschiedskolloquium zum Anlass, um ebenfalls zu unterstreichen, „dass es eine Aufgabe der nächsten Jahre sein wird, eine effektive Zusammenarbeit zwischen den Fachgesellschaften, den außeruniversitären Forschungseinrichtungen und den Universitäten zu erreichen und zu einer systemischen Betrachtung der Geowissenschaften zu gelangen.“
Ein Händchen für die Öffentlichkeitsarbeit
Hoch engagiert war Friedhelm von Blanckenburg auch immer dann, wenn es darum ging, wissenschaftliche Erkenntnisse mit der Öffentlichkeit zu teilen und nach außen zu gehen. So produzierte er anschauliche Videos und sogar Filme über wissenschaftliche Spezialthemen – mit großem Erfolg: Seine Videos erreichten auf YouTube bisher insgesamt mehr als 100 000 Klicks.
Wissenschaftler im Un-Ruhestand
Friedhelm von Blanckenburg verlässt das GFZ mit seiner Pensionierung. Er bleibt der Wissenschaft dennoch erhalten: Die Forschungen im Rahmen seines Projektes DEVENDRA, das seit 2022 mit einem hochdotierten ERC Advanced Grant des Europäischen Forschungsrates (European Research Council ERC) gefördert wird, wird er an der FU Berlin fortsetzen – und dabei mit dem GFZ verbunden bleiben.
Neue Sektionsleitung
Zum 1. Oktober 2023 hat Prof. Dr. Dirk Scherler die Leitung der Sektion „Geochemie der Erdoberfläche“ interimsweise übernommen. Der Geologe leitet eine Arbeitsgruppe in der Sektion und hält eine Professur für Kosmogene Nuklide an der Freien Universität Berlin.