Die Inselkette von Hawaii besteht aus mehreren Vulkanen, die von einem „Hotspot“ gespeist werden. In den Geowissenschaften bezeichnet ein solcher „heißer Fleck“ ein Phänomen, bei dem mächtige Ströme, die in etwa schlauchförmig sind, heißes Material aus dem tiefen Erdmantel bis an die Oberfläche transportieren. Wie ein Schweißbrenner frisst sich das Material durch die Erdkruste und bildet Vulkane. Lange Zeit wurde angenommen, dass diese Hotspots ortsfest sind. Bewegt sich die tektonische Platte darüber hinweg, entsteht eine Kette von Vulkanen, wobei der jüngste Vulkan an dem einen Ende, der älteste an dem anderen zu finden ist.
Dieses Konzept wurde zunächst auch für die Hawaii-Inseln angenommen. Sie sind das jüngste Ende der Hawaii-Emperor-Kette, die sich durch den nordwestlichen Pazifik zieht. Doch bald gab es Zweifel ob der Hotspot wirklich ortsfest ist. Den größten Widerspruch rief ein markanter Knick von rund 60 Grad in dieser Vulkankette hervor, der vor 47 Millionen Jahren entstand. „Wenn man diesen Knick allein mit einer plötzlichen Änderung der Bewegung der Pazifischen Platte zu erklären versucht, würde man zu jener Zeit auch eine deutlich veränderte Bewegungsrichtung relativ zu benachbarten tektonischen Platten erwarten“, sagt Bernhard Steinberger vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ. „Doch dafür haben wir bisher keine Hinweise gefunden.“ Neuere Studien hätten nahegelegt, dass offenbar zwei Prozesse wirksam waren: Zum einen hat die Pazifische Platte ihre Bewegungsrichtung verändert. Zum zweiten hat sich der Hawaii-Hotspot in der Zeit vor 60 bis rund 50 Millionen Jahren vor heute relativ rasch nach Süden bewegt – und stoppte dann. Wenn man diese Bewegung des Hotspots berücksichtigt wird nur eine geringere Änderung der Plattenbewegung benötigt, um die Vulkankette zu erklären.
Diese Hypothese wird nun von einer aktuellen Arbeit gestützt, an der Steinberger ebenfalls beteiligt ist. Das internationale Team um Hauptautor Kevin Konrad, Oregon State University in Corvallis (Oregon), hat neue Altersdatierungen von Vulkanen der Rurutu-Vulkankette ausgewertet, zu der beispielsweise auch die vulkanischen Inseln von Tuvalu im Westpazifik gehören. Desweiteren zogen sie entsprechende Daten von der Hawaii-Emperor-Kette und der Louisville-Kette im Südpazifik hinzu. Anhand der geografischen Lage und des Alters von Vulkanen dieser drei Ketten können die Forscherinnen und Forscher in die geologische Vergangenheit blicken und ermitteln, wie sich die drei Hotspots im Lauf der Jahrmillionen relativ zueinander bewegt haben. Aus den neuen Daten, die im Fachjournal Nature Communications veröffentlicht wurden, geht hervor: Die Hotspots unter der Rurutu- sowie der Louisville-Kette bewegten sich nur wenig relativ zueinander, der Hotspot unter der Hawaii-Emperor-Kette hingegen bewegte sich zwischen 60 und 48 Millionen Jahren vor heute beträchtlich gegenüber den anderen beiden Hotspots. „Dies macht es sehr wahrscheinlich, dass sich hauptsächlich der Hawaii-Hotspot bewegt hat“, sagt Steinberger. Seinen geodynamischen Modellrechnungen zufolge mit einer Geschwindigkeit von einigen Zehner Kilometern pro Jahrmillion. Paläomagnetische Daten stützen diese Interpretation, schreibt das Team weiter. Steinberger: „Noch haben unsere Modelle zur Bewegung der Pazifischen Platte und der Hotspots einige Ungenauigkeiten. Mit weiteren Geländedaten und Informationen über die Vorgänge tief im Erdmantel hoffen wir, künftig noch genauer erklären zu können, wie es zu dem Knick in der Hawaii-Emperor-Kette kam.“
Originalstudie: Konrad, K., Koppers, A.A.P., Steinberger, B., Finlayson, V., Konter, J., Jackson, M.G., 2018. On the Relative Motions of Long-lived Pacific Mantle Plumes. Nature Communications. DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-018-03277-x